Urteil Kosten Sachverständiger
Das AG Brühl 24 C 446/17 am 30. Juni 2017 entschieden, dass die Kosten eines Sachverständigen (Sachverständiger) in einer Verkehrsunfallsache von der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung vollständig zu erstatten sind. Einwände gegen die Höhe der Gutachterkosten seitens der Versicherung wurden verworfen.
Das AG Brühl hat wie folgt entschieden:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 146,37 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.02.2017 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen die Vollstre-ckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils voll-streckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Hö-he von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Ohne Tatbestand (gemäß § 313a Abs. 1 ZPO)
Entscheidungsgründe:
(Kosten Sachverständiger)
Die Klage ist zulässig und begründet.
Die Klägerin kann aus fremden Recht auf der Grundlage des Straßenverkehrsgesetzes von der Beklagten den mit der Klage geltend gemachten weiteren Schadensersatz betreffend restliche Privatgutachterkosten verlangen.
Diese Abteilung des Amtsgerichts Brühl hat sich der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus dem Urteil vom BGH 11.2.2014 (Az. VI ZR 225/13) angeschlossen. Der darin verankerten Darlegungslastverteilung, die davon ausgeht, dass der Geschädigte seine Darlegungslast zur Schadenhöhe regelmäßig durch Vorlage einer Rechnung des von ihm zur Schadenbeseitigung in Anspruch genommenen Sachverständigen genügt, wohingegen dem Geschädigten die Darlegung eines Verstoßes des Geschädigten gegen seine Schadenminderungspflicht aus § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB offensteht, hat die Beklagte auf der Grundlage dieser Leitlinien dieser Entscheidung nicht genügt.
Nach dieser Rechtsprechung genügt ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des ausgewiesenen Rechnungsbetrages und seiner Einzelkomponenten grundsätzlich nicht mehr, um die geltend gemachte Schadenhöhe in Frage zu stellen. Nur wenn der Geschädigte erkennen kann, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangt, die die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen, gebietet nach den Ausführungen des Bundesgerichtshofs das schaden-rechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot, einen zur Verfügung stehenden, günstigeren Sachverständigen zu beauftragen.
Der Klägerin ist ein Verbot gegen die Schadenminderungspflicht nicht vorzuwerfen, da der durchschnittliche Laie als Unfallgeschädigter keine Kenntnis von den BVSK Honorarbefragungen haben dürfte. Typischerweise dürfte er die Größenordnung eines Gutachterhonorars auf Stundenbasis, hier einer qualifizierten und selbständig tätigen Person kalkulieren. Mangels Einblick in das entsprechende Gewerbe sind für einen Laien Grund- und Nebenkosten kaum kalkulierbar.
Das streitgegenständliche Honorar besteht aus einem Grundhonorar, das sich an der Schadenhöhe ausrichtet, sowie Nebenkosten und Mehrwertsteuer. Dieser Abrechnungsmodus ist grundsätzlich typisch und in der Sache nicht zu beanstanden.
Auch wenn ein ermitteltes Grundhonorar den Rahmen der einschlägigen BVSK Honorarbefragung übersteigt, bedeutet dies nicht zwingend, dass dies für den Geschädigten zu einer erkennbaren, evidenten Überteuerung führt.
Gleiches gilt betreffend die Nebenkosten. Eine jedermann evidente Überteuerung wird von der Beklagten auch nicht ausdrücklich behauptet. Vielmehr trägt sie objektive Umstände vor. Wobei hier schon fraglich ist, ob sie einem Geschädigten bekannt sind. Beispielsweise ist die Annahme einer Fahrtkostenvergütung von 0,30 EUR pro Kilometer oder dem Ersatz für Druckkosten in Höhe von 0,50 EUR pro Seite, wie sie durch die von der Be-klagten zitierte Rechtsprechung erfolgt sind.
Nachdem die Schreibkosten grundsätzlich auch Personalkosten beinhalten können, die Fotokosten einen Kostenanteil für die Anschaffung und Wartung der entsprechenden Hard- und Software sowie Fahrtkosten typischerweise auch einen Arbeitszeitanteil beinhalten können, ergeben sich aus der gestellten Rechnung keine Anhaltspunkte da-für, dass die Höhe der abgerechneten Beträge für einen Laien erkennbar überhöht, unangemessen oder unüblich wären.
Folgt man den Leitlinien des Bundesgerichtshofs, muss man bei der Frage, ob einzelne Rechnungspositionen und pauschalierte Beträge als überhöht erkennbar sind, durch-gängig auf einen Laien-Geschädigten abstellen, der mangels besonderer Einblicke und Vergleichsmöglichkeiten die streitgegenständlich Rechnung hier für branchenüblich halten dürfte.
Ein strengerer Maßstab für die Beurteilung der Erforderlichkeit der Aufwendungen zur Schadenbeseitigung nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB ist auch nicht deshalb anzulegen, weil der Anspruch vor seiner Entstehung durch die Geschädigte an den Privatgutachter und über diesen später an die Klägerin abgetreten worden wäre. Entscheidend für die Beurteilung der Erforderlichkeit bleibt auch nach der Abtretung des Anspruches an den Privatgutachter und danach an die Klägerin die Perspektive des Geschädigten, weil sich der Schadensersatzanspruch durch die Abtretung inhaltlich nicht ändern kann, insbesondere zumal die Abtretung hier nur erfüllungshalber erfolgte (BGH, NJW 2014, 1947)
Die geltend gemachten Nebenkosten in Gestalt der Zinsen erweisen sich angesichts der Begründetheit der Hauptforderung in Grund und Höhe als unter Verzugsgesichts-punkten (§§ 280, 286 Abs. 3 Satz 1, 288 BGB) geschuldet.
Die Kostenentscheidung erfolgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Der Streitwert wird festgesetzt auf 146,37 EUR.
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