Rückwärts Einparken – Sorgfaltsmaßstab beim Vorbeifahren an einem rückwärts Einparkenden – Mitverschulden 40%
Urteil des Amtsgerichts Köln vom 13.06.2013 – Az. 271 C 51/12
Landgericht Köln Az. 11 S 301/13
Der Zeuge M. war zum Unfallzeitpunkt im Begriff, rückwärts einzuparken. Der Beklagte versuchte, links an dem Fahrzeug des Klägers vorbeizufahren, als es zur Kollision der beiden Fahrzeuge kam.
Das Amtsgericht ging von einer Haftungsquote von 75% zu Lasten des Rückwärtseinparkers aus.
Das Landgericht Köln hat in dem anschließenden Berufungsverfahren die Quote auf 60% reduziert.
§ 9 Abs. 5 StVO verlangt von dem Fahrzeugführer, dass er sich beim Rückwärtsfahren so verhält, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Dies hat der Zeuge M. erkennbar nicht getan, denn der Zusammenstoß mit dem Beklagtenfahrzeug hat sich ereignet, als der Zeuge M. rückwärts in eine Parklücke fuhr. Nach der Rechtsprechung spricht für derartige Fälle der Beweis des ersten Anscheins für eine schuldhafte Schadenverursachung des Rückwärtsfahrenden (etwa KG VM 1988, 32). Wegen der besonderen Gefahren, die das Rückwärtsfahren für die übrigen Verkehrsteilnehmer mit sich bringt, muss der Rückwärtsfahrende sich auch beim Einrangieren in eine Parklücke ganz besonders sorgfältig verhalten. Er muss insbesondere beachten, dass die Front seines Fahrzeuges nach links ausschwenkt. Beachtet er diese Grundsätze nicht, so kann ihn bei einem Zusammenstoß mit einem Fahrzeug wegen der sich aus § 9 Abs. 5 StVO ergebenden besonderen Sorgfaltspflicht die volle Haftung treffen (vgl. KG DAR 1975, 290).
Das Vorbringen des Klägers, der Einparkvorgang sei zum Zeitpunkt der Kollision bereits fast vollständig abgeschlossen gewesen, kann zu keiner anderen Bewertung führen. Für den Anscheinsbeweis gegen den Rückwärtsfahrenden kommt es nicht darauf, ob der Einparkvorgang fast vollständig abgeschlossen ist, wenn durch das Rückwärtsfahren nach wie vor eine Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer ausgeht. Dies war vorliegend der Fall. Ansonsten wäre es nicht zum Unfall gekommen.
Den Zeugen M. entlastet auch das Vorbringen des Klägers nicht, er habe vor dem Einleiten des Rückwärtsfahrmanövers in den Außen- und Rückspiegel geschaut und kein Fahrzeug von hinten wahrgenommen. Auch hier spricht die Kollision der beiden Fahrzeuge eindeutig gegen diese Darstellung. Hätte der Zeuge M. seiner Sorgfalt bei der Rückschaupflicht erfüllt, hätte er das Beklagtenfahrzeug zwingend wahrnehmen müssen zumal ein sehr enger zeitlich und örtlicher Zusammenhang zwischen der Vorbeifahrt und dem Beginn des Rückwärtsfahrens bestand.
Den gegen den Zeugen M. sprechenden Anscheinsbeweis hat der Kläger nicht entkräftet. Zur Entkräftung eines Anscheinsbeweises muss die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufes nachgewiesen werden. Dabei müssen Tatsachen, welche die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufes ergeben können, nicht nur möglich erscheinen, sie müssen bewiesen sein (vgl. BGH VersR 1969, 859). Der Kläger hat zur Entkräftung des gegen den Zeugen Mausbach gerichteten Anscheinsbeweises lediglich behauptet, der Beklagte zu 1) sei mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren. Im Rahmen der durchgeführten Beweisaufnahme fand diese Behauptung keine Bestätigung.
Das Landgericht sah es anders als das Amtsgericht jedoch als ein erheblicher Verschuldensbeitrag des Beklagten an, dass dieser zu nah an dem Klägerfahrzeug vorbei fuhr und wertete dieses Mitverschulden im Rahmen seiner Abwägung nach § 17 Abs. 1 StVG mit 40%.
Unfall im zeitlich räumlichen Zusammenhang beim Rückwärtsausparken § 9 Abs. 5 StVO – Anscheinsbeweis
Das Amtsgericht Köln hat in einer Entscheidung vom 07. September 2015 – Az.: 275 C 40/15 – zu der Frage des Rückswärtsausparkens zweier Unfallbeteiligter zu entscheiden gehabt. Es ging dabei im Wesentlichen um die Frage, ob noch von einem zeitlich-räumlichen Zusammenhang des Ausparkens ausgegangen werden kann, wenn einer der beiden Unfallbeteiligten den Ausparkvorgang im engeren Sinne bereits vollständig abgeschlossen, den ersten Gang eingelegt hat, um das Parkplatzgelände vorwärtsfahrend zu verlassen und es dann zum Unfall mit dem rückwärtsausparkenden zweiten Unfallbeteiligten kommt.
Das Gericht kam im Rahmen der Abwägung der wechselseitigen Interessen zu dem Ergebnis, dass eine Haftungsquote von 70:30 zugunsten des Klägers besteht, weil dieser den Anscheinsbeweis eines Unfalls beim Rückwärtsfahren derschhütter hat. Steht ein Fahrzeug nach dem Rückwärtsfahren für längere Zeit, ist der zeitlich-räumliche Zusammenhang mit dem Rückwärtsfahren nicht mehr gegeben.
Dem Kläger wurden vom Gericht EUR 359,52 Schadensersatz und Erstattung außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von EUR 54,15 zugesprochen.
I. Tatbestand:
Am 14.11.2014 parkte die Zeugin B das klägerische Fahrzeug, ihren Pkw auf dem Parkplatz eines Suppermarktes in K. in einer Parkbucht. Die Beklagte parkte ihren Pkw jedenfalls in etwa der gegenüberliegenden Parkbucht.
Die Zeugin B parkte das klägerische Fahrzeug rückwärts aus der Parkbucht aus. Sie fuhr rückwärts auf die zwischen den Parkbuchten gelegene Fahrstraße. Die Beklagte setze ebenfalls aus der Parkbucht rückwärts zurück. Die Fahrzeuge kollidierten miteinander auf der zwischen den Parkbuchten gelegenen Fahrstraße in der Weise, dass das klägerische Fahrzeug seitlich und das Beklagtenfahrzeug am Heck getroffen wurde.
Das klägerische Fahrzeug wurde dabei beschädigt. Der Kläger holte ein Sachverständigengutachten ein, dessen Kosten sich auf 429,89 EUR belaufen. Der Fahrzeugschaden beträgt 1.261,66 EUR netto. Diese Kosten zuzüglich einer Auslagenpauschale von 25,00 EUR , begehrt der Kläger. Die Beklagte rechnete mit Schreiben vom 27.01.2015 ab und erstattete 842,07 EUR.
Der Kläger behauptet, dass sich die Zeugin B bei der Kollision bereits in Geradeausfahrt befunden und gestanden habe. Die Beklagte sei rückwärts auf das stehende Fahrzeug aufgefahren. Sie habe noch unmittelbar vor der Kollision gehupt.
Nachdem der Kläger in Höhe von 0,56 EUR zurückgenommen hat, beantragt er nunmehr,
- die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger EUR 841;50 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über seit dem 27.01.2015 zu zahlen.
- die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger EUR 108,29 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, dass beide Fahrzeuge im Ausparkvorgang kollidierten.
Die Klage ist den Beklagten am 11.04.15 und 13.04.15 zugestellt worden.
Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 17.08.15 durch Vernehmung der Zeugin B. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 17.08.2015 (Bl. 51 d.A) verwiese.
Wegen des weitern Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist im tenorierten Umfang begründet.
Dem Kläger steht gegen die Beklagten ein Anspruch auf Zahlung in Höhe von 359,52€ zu. Ein solcher Anspruch ergibt sich aus §§7, 18 StVG, 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG.
Soweit ein darüber hinausgehender Anspruch bestand, ist dieser durch Zahlung erloschen (§ 362 BGB). Der Kläger haftet gemäß § 17 Abs. 2 StVG für den Schaden zu 30 %.
Der Unfall stellt für keine der Parteien ein unabwendbares Ereignis im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG dar, sodass die Ersatzpflicht der einen oder der anderen Seite nicht von vornherein ausgeschlossen ist. In derartigen Fällen hängt nach § 17 Abs. 1 StVG die Verpflichtung zum Schadensersatz wie auch der Umfang der Ersatzpflicht von den Umständen insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. Im Rahmen der Abwägungen der Verursachungs- und Verschuldungsanteile der Fahrer der beteiligten Fahrzeuge unter Berücksichtung der von beiden Kraftfahrzeugen ausgehenden Betriebsgefahren nach §§ 17 Abs. 1 StVG sind nach der ständigen Rechtsprechung neben unstreitigen und zugestandenen Tatsachen nur bewiesene Umstände zu berücksichtigen, wobei auch die Regeln des Anscheinsbeweises Anwendung finden.
Die Beklagte zu 2) hat ihre Sorgfaltspflichten aus § 9 Abs. 5 StVO bzw. 1 Abs. 2 StVO verletzt. Gegen die Beklagte zu 2) spricht de Anschein, dass sie ihre Sorgfaltspflicht verletzt hat.
Es ist unstreitig, dass die beklagte zu 2) rückwärts gefahren ist, als es zur Kollision gekommen ist. Sie hat schuldhaft gegen § 9 Abs. 5 StVO bzw. gegen § 1 Abs. 2 StVO verstoßen. Danach muss sich ein Fahrzeugführer beim Rückwärtsfahren so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist; erfoderlichenfalls hat sich einweisen zu lassen. Inwieweit diese Vorschriften bei Unfällen auf Parkplätzen anwendbar ist, ist zwar umstritten. Mitunter wird die Vorschrift des § 9 Abs. 5 StVO auch bei Unfällen, die sich beim Rückwärtsfahren auf einem Parkplatz ereignen, für unmittelbar anwendbar gehalten (LG Kleve, NJW-Spezial 2010, 234; AG Herne, Urteil vom 17.02.2010, 20 C 389/98). Nach anderer Ansicht ist diese Vorschrift auf Parkplätzen und in Parkhäusern, in denen ,,fließender“ Verkehr nicht stattfindet, nur mit Einschränkungen anzuwenden (Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl. 2013, § 9 StVO Rn 51; LG Saarbrücken, ZfSch 2011, 494; LG Saarbrücken, Schaden-Praxis 2012, 66). Zur Begründung wird darauf verwiesen, dass auf einem Parkplatz, der allein dem ruhenden Verkehr diene, anders als im fließenden Verkehr jederzeit mit rangierenden und damit auch rückwärtsfahrenden Fahrzeugen gerechnet werden müsse. Daher finde § 9 Abs. 5 StVO und der dem rückwärts Fahrenden auferlegte Gefährdungsausschluss keine unmittelbare Anwendung; stattdessen sei hier das Gebot der allgemeinen Rücksichtsnahme (§ 1 Abs. 2 StVO) zu beachten. Die besonderen Sorgfaltsanfoderungen de § 9 Abs. 5 StVO seien indes mittelbar heranzuziehen, weil beim Rückwärtsfahren die Sichtverhältnisse gegenüber dem vorwärts Fahren ni9cht unerheblich eingeschränkt seien, so dass diesem Fahrmanöver auch auf Parkplätzen eine höhere Gefahr als dem vorwärts fahrenden Fahrzeugen inne wohne. Den rückwärts Fahrenden treffe daher auch auf Parkplätzen eine viergleichsweise höhere Sorgfaltspflicht (OLG Hamm, Urteil vom 11.09.2012, 9 U 32/12).
Welche dieser Ansichten zu folgen ist, kann hier dahinstehen. Wenn man § 9 Abs. 5 StVO nicht für unmittelbar anwendbar hält, liegt jedenfalls ein schuldhafter Verstoß der Beklagten zu 2) gegen § 1 Abs. 2 StVO vor: Die Beklagte zu 2) hat ihren Pkw zurückgesetzt und dabei nicht ausreichend auf den Pkw des Klägers geachtet. Andernfalls hätte sie ihr Fahrzeug anhalten können. Für ihr Verschulden spricht der Beweis des ersten Anscheins. Sie hat das klägerische Fahrzeug erst in dem Moment der Kollision wahrgenommen hat.
Der Kläger hat den gegen ihn sprechenden Anscheinsbeweis hingegen erschüttert. Der Unfall stand auch für die Zeugin B. mit dem klägerischen Fahrzeug in unmittelbarem örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem rückwärts Ausparken. Grundsätzlich ist anerkannt, dass bei einer Kollision während des Zurücksetzens der Anschein für ein Verschulden des Rückwärtsfahrenden spricht (OLG Hamm, Urteil vom 11.09.20212, 9 U 32/12; KG Berlin, Urteil vom 25.10.2010, 12 U 3/09; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl. 2013, § 9 StVO Rn 55 a.E.).
Nach zutreffender Ansicht greift der Anscheinsbeweis auch dann, wenn es infolge Rückwärtsfahrens auf einem Parkplatz zu einem Zusammenstoß kommt und eines der beteiligten Fahrzeuge bereits stand (OLG Hamm, Urteil vom 11.09.20212, 9 U 32/12; KG Berlin, Urteil vom 25.10.2010, 12 U 3/09; LG Kleve, Urteil vom 11.11.2009, 5 S 88/09; AG Herne, Urteil vom 17.02.2010, 20 C 389/98; Hentschel/Kömig/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl. 2013, § 9 StVO Rn 55a.E.). Denn die mit der Rückwärtsfahrt typischerweise verbundenen Gefahren, die den anderen Fahrzeugführer gemäß § 9 Abs. 5 StVO dazu verpflichten, eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer auszuschließen, enden nicht sogleich mit dem Stillstand des Fahrzeuges. Anderenfalls hinge die Haftung von der Frage ab, ob es dem Rückwärtsfahrenden (zufällig) noch gelingt, sein Fahrzeug vor dem Zusammenstoß zum Stillstand zu bringen. Es besteht auch dann noch ein spezifischer Bezug zum Rückwärtsfahren, wenn das Fahrzeug erst kurzzeitig steht (OLG Hamm, Urteil vom 11.09.20212, 9 U 32/12; LG Berlin, Urteil vom 11.11.2009, 5 S 88/09; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl. 2013, § 9 StVO Rn 55 a.E.).
Den gegen den Kläger sprechenden Anscheinsbeweis hat dieser aber erschüttert. Der Anscheinbeweis kann erschüttert werden, wenn zumindest die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass der Zurücksetzende – hier die Zeugin B. – zum Kollisionszeitpunkt bereits längere Zeit zum Stehen gekommen war oder sie während des Zurücksetzens den Pkw der Beklagten zu 2) noch nicht hätte sehen können (OLG Hamm, Urteil vom 11.09.2012, 9 U 32/12).
Es steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Zeugin B. bereits längere Zeit zum Stehen gekommen war. Die Zeugin B. hat glaubhaft und detailreich geschildert, dass sie bereits 30-40 Sekunden stand und den Vorwärtsgang eingelegt hatte, als es zur Kollision kam. Sie schilderte, dass sie ausgeparkt hatte und daraufhin in der Fahrstraße zwischen den Parkplätzen anhielt, um zwei Fußgänger einen Zebrastreifenüberqueren zulassen. Die Fußgänger seien zügig über den Fußgängerweg gegangen. Ihre Aussage hat nicht erkennen lassen, dass sie sich von der Nähe des Kläger hat leiten lassen. Zwar hat die Beklagte zu 2), persönlich angehört nach § 141 ZPO, vorgebracht, dass die Fahrzeuge gleichzeitig zurückgesetzt seien, Sie hat jedoch auch eingeräumt, das klägerische Fahrzeug das erste Mal im Zeitpunkt der Kollision gesehen zu haben. Sie konnte daher nicht bekunden, dass die Fahrzeuge gleichzeitig zurücksetzten. Ferner haben sowohl die Zeugin B. als auch die Beklagte zu 2) die Richtigkeit der polizeilichen Unfallskizze bestätigt. Die polizeiliche Unfallskizze bestätigt den Vortrag der Klägerseite, dass die Zeugin B bereits ausgeparkt und zum Stehen gekommen war, als die Beklagte zu 2) im Rückwärtsfahren gegen das Fahrzeug stieß.
Nach Abwägung der wechselseitigen Verursachungsbeiträge hält das Gericht eine Schadensteilung von 70 % zu 30 % zu Lasten der Beklagten für angemessen. Der Kläger muss sich die erhöhte Betriebsgefahr seines Pkw zurechnen lassen. Derjenige, der einen öffentlichen Parkplatz benutzt, muss mit ständigem Ein- und Ausparken der anderen Verkehrteilnehmer rechnen (OLG Oldenburg, Urteil vom 12.12.1991,14 U 57/91).
Der Schaden der Klägerseite in Höhe von 1.717,11€ war daher in Höhe von 1.201,59 € zu erstatten. Ferner waren die geleisteten 842,07€ in Abzug zu bringen, § 362 BGB.
Der Kläger hat einen Anspruch auf Ersatz der Rechtsanwaltskosten in Höhe von 54,15 €. Der Anspruch belief sich auf 201.71 €, da der Gegenstandswert 1.201,59 € betrug (70 % von 1.717,11 €) Die Beklagte zu 1) hat 147,56 € gezahlt, wodurch der Anspruch teilweise nach § 362 BGB erloschen ist. Ein darüber hinausgehender Anspruch besteht nicht, da der Schaden zu teilen war.
Der Zinsspruch folgt aus §§ 280 Abs 1, 2, 286, 288 Abs. 1 BGB sowie aus §§ 291, 288 BGB.
Sorgfaltsanforderungen beim Rückwärtsausparken; keine Mithaftung eines im Verkehrsraum stehenden Fahrzeuges, § 9 Abs. 5 StVO
Das Landgericht Köln – Az. 5 O 47/15 hat mit Urteil vom 01. Oktober 2015 entschieden, dass ein rückwärts Ausparkender auf einem Parkplatzgelände die volle Haftung zu tragen hat, wenn er beim Zurücksetzen gegen ein auf der für den fließenden Verkehr vorgesehenen Verkehrsfläche geparktes Fahrzeug fährt.
Der Unfall hat sich aus Sicht des Klägers wie folgt ereignet:
Der Kläger ist Eigentümer des Fahrzeuges der Marke VW Passat mit dem amtlichen Kennzeichen K-OA 2977. Am 11. Dezember 2014 gegen 11.50 Uhr parkte der Fahrer des Klägerfahrzeuges den Wagen in K. auf einem Supermarkt-Parkplatz, um im Supermarkt einzukaufen. Nach Erledigung des Einkaufs kehrte er zu seinem Fahrzeug zurück. Dort befand sich der Fahrer eines Polizeifahrzeuges. Er teilte mit, dass er mit dem Polizeizivilfahrzeug unter Beteiligung des Fahrzeuges des Klägers einen Verkehrsunfall verursacht habe. Er gab an, beim Rückwärtsausparken in die Fahrertür des Fahrzeugs des Klägers gefahren zu sein.
Klagende Partei war der Eigentümer des in der Verkehrsfläche geparkten Fahrzeuges. Auf Beklagtenseite war ein Polizeifahrzeug betroffen, so dass Beklagte das Land war.
Der 5.Zivilkammer des Landgerichts Köln hat aufgrund mündlicher Verhandlung für Recht erkannt:
Das beklagte Land wird verurteilt, an die Klägerin 505,29 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.01.2015 zu zahlen.
Das beklagte Land wird weiter verurteilt, an die Klägerin 86,30 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.01.2015 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 15 % und das beklagte Land zu 85 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe:
(von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 313a Abs. 1 ZPO abgesehen).
Der Klägerin steht gegen das beklagte Land ein Anspruch auf Zahlung von restlichem Schadensersatz in Höhe von 505,29 € gemäß § 7 Abs. 1 StVG zu. § 7 StVG steht selbstständig neben dem Amtshaftungsanspruch und wird durch § 839 BGB nicht verdrängt (vgl. BGH NJW 1991, 1171).
Die Haftung des beklagten Landes ergibt sich aus § 7 Abs. 1 StVG, denn die Schäden am klägerischen Fahrzeug sind bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs entstanden, dessen Halter das beklagte Land ist, und höhere Gewalt im Sinne von § 7 Abs. 2 StVG liegt unstreitig nicht vor. Dies gilt entsprechend auch für die Klägerin als Halter des ebenfalls am dem Unfall beteiligten Fahrzeuges.
Steht somit die grundsätzliche Haftung der vorgenannten Parteien fest, so hängt in ihrem Verhältnis zueinander die Verpflichtung zum Schadensersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatz gemäß § 17 Abs. 1 und 2 StVG davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Teil verursacht worden ist. Der Verursachungsbeitrag wird gebildet durch die Summe der Gefahren, die in der konkreten Unfallsituation von dem Kfz ausgegangen sind und sich bei dem Unfall zum Nachteil des Unfallgegners ausgewirkt haben (vgl. BGH NZV 2010, 293 ff.; Heiß in Burmann/Heß/Janker, Straßenverkehrsrecht, 22. Aufl. 2012, § 17 StVG Rn. 14). Zu berücksichtigen sind dabei die Beschaffenheit des Kfz (insbesondere seine Masse) seine Geschwindigkeit, das konkrete Fahrmanöver (z.B Wenden, Ein- oder Ausfahren, Überholen), aber auch subjektive Umstände, insbesondere ein Fehlverhalten des Fahrers ( Verstoß gegen Verkehrsregeln). Liegen derartige objektive oder subjektive Umstände vor, ist die von dem Kfz in der konkreten Unfallsituation ausgehende Betriebsgefahr evtl. durch Verschulden des Fahrers erhöht mit der Folge, dass der Verursachungsbeitrag schwerer wiegt (vgl. BGH NZV 2010, 167f.; NZV 2007, 190).
Nach diesen Grundsätzen ist für den hier entstandenen Schaden von einer Alleinverantwortlichkeit des Fahrers des Polizeifahrzeugs auszugehen .Dieser musste sich beim Zurücksetzen mit seinem Pkw auf dem Parkplatz so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist, § 9 abs. 5 StVO. Von dem Rückwärtsfahrenden wird dabei eine besondere Sorgfalt erwartet; im Zweifel muss er sich einweisen lassen. Beim Zurücksetzen muss sich der Fahrer zudem vor Beginn der Rückwärtsfahrt vergewissern, dass der Raum hinter dem Fahrzeugfrei ist, und zwar auch in den Bereichen, die er im Rückspiegel nicht einsehen kann (OLG Nürnberg NZV 1991,67; OLG Oldenburg NZV 2991,377). Während des Zurücksetzens hat er sorgfältig darauf zu achten, dass kein anderer von der Seite oder von hinten in den Gefahrenraum gelangt; er muss insbesondere so langsam fahren, dass er erforderlichenfalls sofort anhalten kann (OLG Köln NZV 1994,321; OLG Oldenburg VRS 100, 432; OLG Düsseldorf VRS 87, 47; Hentschel, StraßenverkehrsR, StVO § 9 Rn. 51). Dieser Sorgfaltspflicht ist der Fahrer des Polizeifahrzeugs nicht gerecht geworden, was grundsätzlich – unter Zurücktreten der Betriebsgefahr des gegnerischen Fahrzeugs – zur vollen Haftung führt (vgl. KG NJW-RR 2010, 1116).
Ein Mitverschulden des Fahrers des klägerischen Fahrzeugs ist nicht ersichtlich. Dies gilt selbst für den Fall, dass – wie das beklagte Land vorträgt – das Fahrzeug im Bereich der auf dem Parkplatz ausgewiesenen Verkehrsfläche für den fließenden Verkehr abgestellt gewesen sein sollte. Der Fall ist zur Überzeugung des Gerichts insofern mit dem Fall vergleichbar, dass ein auf einem Parkplatz rückwärts ausparkendes Fahrzeug auf ein Fahrzeug stößt, das der gegenüberliegenden Partasche ebenfalls zuvor ausgeparkt hat, sodann angehalten hat (vgl. KG NJW-RR 2010, 1116 – Haftung des zurücksetzenden Pkw zu 100 % ). Das klägerische Fahrzeug trifft kein Verursachungsbeitrag. Zu dem Zusammenstoß kam es ausschließlich im Zuge der Rückwärtsbewegung des Polizeifahrzeugs auf das stehende klägerische Fahrzeug. Die erhöhten Sorgfaltspflichten beim Rückwärtsfahren dienen gerade dem Schutz des Verkehrsraums, in den das Fahrzeug fahren soll und den der Fahrer nicht so gut einsehen kann wie beim Vorwärtsfahren, § 9 Abs. 5 StVO.
Das beklagte Land ist daher zum vollständigen Ersatz des der Klägerin entstandenen Schadens verpflichtet. Der von dem beklagten Land vorgenommene Abzug in Höhe von 505,29 € aufgrund einer Lasten der Klägerin angenommen Mithaftung von 25 % ist nicht gerechtfertigt.
Allerdings zieht das beklagte Lad zu Recht den gemäß Gutachten des Sachverständigen in der Händlerspanne enthaltenen Mehrwertsteueranteil in Höhe von 88,35 € ab. Die Mehrwertsteuer ist nur zu ersetzen, wenn sie tatsächlich anfällt (vgl. Palandt/Grüneberg, 74. Aufl. 2015, § 249 Rn. 27). Im Hinblick auf die klägerische Vorsteuerabzugsberechtigung kommt ein Ersatzanspruch daher nicht in Betracht.
Die Klägerin hat gegen das beklagte Land dementsprechend einen Anspruch auf Zahlung von 505,29 €.
Die zugesprochene Zahlung folgt aus Verzug, §§ 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, 288 Abs. 1 BGB.
Der Klägerin steht gegen das beklagte Land weiterhin ein Anspruch auf Ersatz der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten zu. Diese belaufen sich unter Zugrundelegung eines Gegenstandswerts von 2.021,16 € auf 281,30 € (1,3-Geschäftsgebühr i.H.v. 261,30 € zzgl. Auslagenpauschale i.H.v. 20,- €). Hierauf hat das beklagte Land bereits einen Betrag in Höhe von 195,- € gezahlt, so dass ein restlicher Anspruch in Höhe von 86,30 € verbleibt. Die diesbezüglich zugesprochene Zinsforderung folgt wiederum aus Verzug, §§ 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, 288 Abs. 1 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Streitwert: 593,64 €
zeitlich räumlicher Zusammenhang zwischen Rückfährtsfahren und Unfall; kein zeitlich räumlicher Zusammenhang beim Einfahren von einem Grundstück bei Tempo 30 km/h und mindestens 31 m Fahrstrecke; Höhe der Unfallkostenpauschale AG Hamburg – EUR 20,00
In dem Rechtsstreit hatte das Amtsgericht Hamburg sowohl über die Frage eines zeitlich-räumlichen Zusammenhangs eines Unfalls beim Rückfährtsfahren (durch den Beklagten) und nach Einfahren auf die Fahrbahn von einem Grundstück (durch den Kläger) zu urteilen. Des Weiteren wurde bestätigt, dass das Amtsgericht Hamburg in ständiger Rechtsprechung eine Unallkostenpauschale in Höhe von EUR 20,00 zuspricht. Der Klage des zunächst von einem Grundstück auf die Fahrbahn einfahrenden Fahrzeuges auf Zahlung von Schadensersatz wurde stattgegeben.
Das Amtsgericht Hamburg hat auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 20.11.2014 für Recht erkannt:
- Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 1.448,95 Euro nebst Zinsen in Hohe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 1.298,95 Euro seit dem 20.03.2014 und auf 150 Euro seit dem 13.12.2014 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskoten in Höhe von 201,71 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.05.2014 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von den Beklagten Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall vom 06.11.2013 in der P-Allee in H.
Der Kläger bog am Unfalltag gegen 18 Uhr mit seinem Fahrzeug, einem BMW, von einem Parkplatz auf Höhe der P-Allee nach rechts auf die P-Allee ein und fuhr in Richtung E-Straße. Die zugelassene Höchstgeschwindigkeit auf der P-Allee beträgt 30 km/h. Kurz vor der Einmündung der G-Straße kollidierte der Kläger mit dem vom Beklagten gefahrenen und bei der Beklagten verkehrshaftpflichtversicherten VW Golf. Der Beklagte war zuvor rückwärts aus der über einen abgesenkten Bordstein in die P-Allee mündenden G-Straße herausgefahren. Das Fahrzeug des Klägers stieß vorne links mit der hinteren linken Ecke des Fahrzeugs des Beklagten zusammen. Durch den Unfall entstand am Fahrzeug des Klägers ein Sachschaden, der im Zeitraum vom 07.04.2014 bis zum 10.04.2014 in der Werkstatt behoben wurde, Die Reparaturkosten betrugen laut Kostenvoranschlag 1.278,95 Euro netto bzw. 1.521,95 Euro brutto.
Der Kläger behauptet er habe sich vergewissert, dass die Fahrbahn in beide Richtungen frei gewesen sei, bevor er von dem Parkplatz auf die P-Allee eingebogen sei. Erst als er ca. 45 m auf der P-Allee zurückgelegt habe , sei der Beklagte spontan und unvorhersehbar rückwärtsfahrend aus der G-Straße in die P-Allee gebogen. Trotz sofortiger Vollbremsung habe er den Zusammenstoß auf der nassen Fahrplan nicht mehr verhindern können.
Der Kläger meint, der Beklagte habe beim Rückwärtsfahren die erforderliche Sorgfalt sowie die Vorfahrt des Klägers missachtet. Dies gelte unabhängig davon, ob das Fahrzeug des Beklagten unmittelbar vor dem Aufprall noch gefahren sei oder bereits gestanden habe. Es streite in jedem Falle ein doppelter Anscheinsbeweis gegen den Beklagten. Für den Kläger hingegen stelle der Unfall ein unabwendbares Ereignis dar.
Mit seiner der Beklagten am 17.05.2014 zugestellten Klage begehrt der Kläger Ersatz der Netto-Reparaturkosten i. H. v. 1.278,95 Euro. zzgl. einer Unfallkostenpauschale i. H. v. 25,56 Euro. Des Weiteren macht der Kläger einen Nutzungsausfallschaden während der dreitägigen Reparatur des Wagens i. H. v. (3x 50,00 Euro =) 150,00 Euro sowie Schadensersatz für die außergerichtliche Rechtsverfolgung i. H. v. 201,71 Euro geltend.
Der Kläger beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an de Kläger EUR 1.304,51 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 20.03.2014 zu zahlen.
Die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen EUR 201,71 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshändigkeit zu zahlen.
Mit Schriftsatz vom 04.12.2014, der den Beklagten spätestens am 13.12.2014 zugegangen ist, beantragt der Kläger klageerweiternd, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere 150,00 Euro nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.
Die Beklagten behaupten, der Beklagte habe sich bereits auf der P-Allee befunden, als der Kläger vom Parkplatz auf die P-Allee abgebogen sei. Der Beklagte habe sein Fahrzeug , das sich zu diesem Zeitpunkt bereits mit einem Drittel seiner Fahrzeuglänge auf die P-Allee befunden habe, sofort angehalten, als er den Kläger habe heranfahren gesehen. Mehr habe der Beklagte nicht tun können. Der Kläger sei hingegen unaufmerksam gewesen und auf der nassen Fahrbahn in das Fahrzeug des Beklagten gerutscht. Die Beklagten meinen, es spreche ein Anscheinsbeweis gegen den Kläger, der aus Unachtsamkeit auf den Beklagten aufgefahren sei. Es bestehe ein enger räumlicher und zeitlicher Zusammenhang mit dem Ausfahren des Klägers aus einem Grundstück gem. §10 StVO. Auch aus diesem Grunde spreche eine Vermutung für ein alleiniges Verschulden des Klägers.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach -und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Das Gericht hat den Kläger und den Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 14.11.2014 jeweils kurz persönlich zum Unfallhergang angehört gem.§141 ZPO, dies aber nicht protokolliert.
Entscheidungsgründe
(Rückwärts einparken)
I. Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 1.448,95 EUR sowie auf 201,71 EUR vorgerichtliche Rechtsverfolgung aus §§18 Abs. 1,3;17 Abs.1,2 StVG,823 Abs.1 BGB. Ein entsprechender Direktanspruch gegen die Beklagte als Pflichthaftpflichtversicherer folgt aus §115 Abs.1 Nr.1 VVG i. V. m. §§18 Abs.1,3;17 Abs.1,2 StVG.
- Die gem. §§ 18 Abs.1,3;17 StVG. gebotene Abwägung der jeweiligen Verursachungsbeiträge der unfallbeteiligten Parteien führt dem Grunde nach zu einer alleinigen Haftung der Beklagten.Der Beklagte war zum Zeitpunkt des Unfalls Führer eines Kraftfahrzeugs. Bei dessen Betrieb verursachte er die Schädigung des klägerischen Fahrzeugs,Der Unfall ist dem alleinigen Verschulden des Beklagten zuzuschreiben. Dies folgt aus einer umfassenden Abwägung der Verursachungs- -und Verantwortungsbeiträge des Beklagten und des Klägers, §§ 18 Abs.3,17 StVG. Denn auch der Kläger war zum Unfallzeitpunkt als Führer eines Kraftfahrzeugs an dem Unfall beteiligt.
- Es ist von einem alleinigen Verschulden des Beklagten auszugehen. Aufgrund des Verkehrsunfalls, der in einem engen Zusammenhang mit der Rückwärtsfahrt des Beklagten stand, spricht eine Vermutung des ersten Anscheins dafür, dass der Beklagte die erforderliche Sorgfalt nicht hinreichend beachtet hat (OLG Köln, Urteil vom 19.07.2005-4 U 35/04- zitiert nach juris). Denn der Beklagte war gem. §9 Abs. 5 StVO verpflichtet, beim Rückwärtsfahren eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer auszuschließen. Eine entsprechende Verpflichtung ergibt sich für den Beklagten aus § 10 S. 1 StVO auch beim Einfahren auf eine Straße über einen abgesenkten Borstein /vgl. Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 27.11.2014 – 4 U 21/14 -, Rn. 62 ff., zitiert nach juris). Gegebenenfalls kann sogar eine Einweisung erforderlich sein.Der Beklagte ist in einem engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfall rückwärts über einen abgesenkten Bordstein hinweg (vgl. §§9 Abs.5 , 10 StVO) auf die Fahrbahn eingefahren. Dieses Fahrmanöver des Beklagten war zum Zeitpunkt des Unfalls auch noch nicht abgeschlossen, da sich das Fahrzeug des Beklagten lediglich mit einer Drittel Fahrzeuglänge auf der P-Allee befand. Eine vollständige Einordnung in den fließenden oder ruhenden Verkehr auf der bevorrechtigten Fahrbahn hatte der Beklagte bis zum Unfall noch nicht vorgenommen. Dafür spricht nicht nur die durch Schadensbild und die Unfallskizzen (BI.11 und 22 d. A.)zweifelsfrei belegte Schrägstellung des Fahrzeugs des Beklagten im Unfallzeitpunkt, sondern auch die unmittelbare räumliche Nähe des Unfallorts zum Kreuzungsbereich P-Allee/G. Straße .Dabei kann dahinstehen, ob das Fahrzeug des Beklagten im Zeitpunkt des Unfalls noch fuhr oder bereits zum Stehen gekommen war. Denn das Gericht erachtet einen engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang zu dem gefahrenträchtigen Manöver wird nicht dadurch unterbrochen, dass das Fahrzeug vor dem Unfall noch zum Stehen gebracht wird ( OLG Celle, Beschluss v. 27.06.2005- 14 U 72/05 OLG Köln, Urt. v.19.07.2005-4 U 35/04 LG Bochum, Beschluss v. 21.01.2009- 10 S107/08 AG Hamburg, Urt. v.16.02.2006-51a C 121/05 so auch Burmann/ Heß/ Jahnke/ Janker, 23. Auflage 2014, Straßenverkehrsrecht, §10 StVO Rn.8).
- Den gegen den Beklagten sprechenden Anschein haben die Beklagten auch nicht zu entkräften vermocht. Es steht nicht fest und ist nicht erwiesen, dass der Beklagte den hohen Sorgfaltsanforderungen der §§ 9 Abs. 5, 10 StVO genügt hat. Auch ist es den Beklagten nicht gelungen, ein Verschulden des Klägers an dem Unfall nachzuweisen.Zwar trifft es zu, dass auch der Kläger mit seinem Fahrzeug zuvor von einem Grundstück auf die Fahrbahn eingefahren ist, wobei auch dem Kläger die Beachtung der Sorgfaltsanforderungen aus § 10 StVO oblag. Entgegen der Auffassung der Beklagten stand das spätere Unfallgeschehen jedoch nicht mehr in einem unmittelbaren zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit dem Ausfahren von dem Parkplatz. Denn das Gericht hält es für ausgeschlossen, dass die Ausfahrt von dem Parkplatz das spätere Unfallgeschehen noch beeinflusst haben kann. Der Kläger hatte sich im Zeitpunkt des Unfalls bereits endgültig in den fließenden Verkehr eingeordnet.( vgl. OLG Köln, Urt. v.19.07.2005 – 4 U 35/04 -; KG , Beschluss v. 28.12.2006 -12 U 178/06 -; Beschluss v. 27.12.2006 -12 U 94/06- jeweils zitiert nach juris.) Eine relevante Störung des fließenden Verkehrs ( vgl. Quaisser, NJW-Spezial 2008,745) durch das Einfahren des Klägers von dem Parkplatz vermag das Gericht jedenfalls im Unfallzeitpunkt auszuschließen. Dafür spricht auch die beträchtliche Entfernung zwischen der Parkplatzauffahrt und dem Unfallort , die sich –weiter als von den Beklagten angeführt- auf ca. 45 m, jedenfalls aber über 31 m beläuft. Aufgrund der geringen Geschwindigkeit des Klägerfahrzeugs stand das spätere Unfallgeschehen zudem auch in einer gewissen zeitlichen Entfernung zur Ausfahrt aus dem Parkplatz.Ein Verschuldensbeitrag des Klägers folgt auch nicht aus einer Anscheinsvermutung zu Lasten des Klägers. Denn deren Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Zwar ist der Kläger auf das Fahrzeug des Beklagten aufgefahren, was grundsätzlich zu der Vermutung mangelnder Aufmerksamkeit des Auffahrenden führt (BGH, Urteil vom 16.01.2007- VI ZR 248/05). Dem Auffahrunfall fehlt hier jedoch die für den Anscheinsbeweis erforderliche Typizität (BGH, Urteil v. 05.04.2006 – VIII ZR 283/05). Ein aus dem Auffahren folgender Anscheinsbeweis setzt nämlich voraus, dass sich der Hintermann für eine gewisse Zeit auf den vor ihm fahrenden Vordermann einstellen konnte (OLG Düsseldorf, Urteil v. 19.01.2010, – I-1 U 89/09) . Das Gericht geht hier jedoch davon aus, dass das Fahrzeug des Beklagten erst kurz vor dem Unfall aus der G. Straße auf die P. Allee bog. Dafür spricht, dass sowohl der Kläger als auch der Beklagte behauptet, dass die Straße im Zeitpunkt des jeweiligen Auffahrens auf die P. Allee frei war und andere Verkehrsteilnehmer nicht zu sehen waren. Zudem wäre davon auszugehen, dass der Beklagte sein Fahrmanöver ansonsten bereits vollständig ausgeführt und den Kreuzungsbereich geräumt hätte.
- Die bloße Betriebgefahr des Klägerfahrzeugs tritt hingegen hinter das vermutete Verschulden des Beklagten zurück. Denn auf Grund der hohen Sorgfaltsanforderungen aus den §§ 9, 10 StVO und dem engen Zusammenhang zwischen dem Fahrmanöver des Beklagten und dem Unfall wiegt das dem Kläger unterstellte Verschulden vergleichsweise deutlich schwerer (OLG München, Urteil v. 25.03.1994 – 10 U 4856/93; OLG Hamm, Urteil v. 20.09.2010 – 1-6 U 222/09, Burmann/Heß/Jahnke/Janker a.a. O.).
- Dem Kläger steht ein Anspruch gegen die gesamtschuldnerisch haftenden Beklagten auf Zahlung der fiktiven Netto-Reparaturkosten i. H. v. , 1.278,95 EUR und eines Nutzungsausfallschadens i. H. v. 150,00 EUR zu. Denn bei diesen Positionen handelt es sich um Schäden, die kausal und zurechenbar auf den Unfall zurückzuführen sind.Die ebenfalls grundsätzlich erstattungsfähige Unfallkostenpauschale ist entgegen der Auffassung des Klägers und im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung in Hamburg nur mit einer Höhe von 20,00 EUR anzusetzen. Ein solcher Betrag erscheint angemessen, aber auch ausreichend, um die sonstigen durch den Unfall entstandenen Kosten , wie z.B. für Briefe und Telefonate abzudecken. Der Betrag entspricht im Übrigen der Höhe nach der Auslagenpauschale , die ein Rechtsanwalt nach Anlage 1 Nr. 7002 des RVG geltend machen kann. In Höhe der weiteren 5,56 EUR war die Klage abzuweisen.Weiter erstattungsfähig (in voller Höhe) sind die Kosten für die außergerichtliche Rechtsverfolgung . Denn angesichts der Komplexität des Verkehrsrechts, das in einem besonderen Maße durch die Rechtsprechung geprägt ist, erscheint die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts zur Durchsetzung regelmäßig erforderlich. Für den vorliegenden Fall gilt nichts anderes.
- Der Zinsanspruch folgt aus §§ 280,286,288 Abs. 1, 291 BGB.
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