Das LG Köln hat sich im Rahmen eines Urteils v. 22.2.2019 – Az. 7 O 196/18 mit der Frage der Kündigung eines WG-Mietverhältnisses auseinandergesetzt. Vorliegend hat sich einer der Mitbewohner geweigert der Kündigung der anderen beiden Mitbewohner zuzustimmen.
Urteil: Kündigung Mietverhältnis WG
Die Beklagte wird verurteilt, gemeinsam mit den Klägern das hinsichtlich der im 2. OG in Köln gelegenen Wohnung bestehende Wohnraummietverhältnis schriftlich gegenüber der Erbengemeinschaft, vertreten durch den gerichtlich bestellten Nachlasspfleger, ordentlich zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu kündigen.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten
in Höhe von 1.173,82 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten
über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 04/2018 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der beklagten Partei auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, hinsichtlich des Zahlungsantrags und der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages; im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.100,00 EUR.
Tatbestand:
Die Kläger begehren von der Beklagten Mitwirkung zur Kündigung der einstmals gemeinsam bewohnten Mietwohnung.
Die Beklagte mietete die im Tenor bezeichnete Wohnung zunächst mit Mietvertrag von 07/2009 gemeinsam mit zwei anderen Mietern. Auch mit Mietvertrag vom 01/2014 mietete die Beklagte die Wohnung zunächst gemeinsam mit anderen Mieterparteien. Unter dem 10/2016 vereinbarten die Parteien mit der Vermieterin einen Nachtrag zum Mietvertrag vom 01/2014. Darin erklärten die Parteien den Beitritt der Kläger zu dem Mietvertrag auf Mieterseite (§ 1 der
Nachtragsvereinbarung). Die Miete der Wohnung beträgt entsprechend § 2 der Nachtragsvereinbarung 850,00 EUR zzgl. 150,00 EUR Nebenkosten. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Nachtrag zum Mietvertrag (Bl. 12 d.A.) Bezug
genommen.
Im Herbst 2017 beabsichtigten die Kläger die streitgegenständliche Wohnung zu verlassen. Die Vermieterin war nicht bereit eine Kündigung der Kläger zu akzeptieren, da nach Auffassung der Vermieterin eine Teilkündigung, wie sie von den Klägern ausgesprochen worden war, nicht ausreiche. Die Kläger forderten daher die Beklagte auf, gemeinsam mit ihnen das Mietverhältnis zu kündigen. Diese teilte ihnen jedoch mit Schreiben vom 11/2017 mit, dass sie nicht beabsichtige zu kündigen. Weitere Versuche der Kläger, die Beklagte zur Abgabe der Kündigungserklärung zu bewegen, scheiterten.
Die Klägerin zu 2 zog 02/2018 aus der Wohnung aus.
Die Beklagte wurde sodann mit Anwaltsschreiben aus 03/2018 unter Fristsetzung erneut aufgefordert, die Mietwohnung gemeinsam mit den Klägern zu kündigen, auf welches die Beklagte nicht reagierte.
03/2018 zog der Kläger zu 1 aus der Wohnung aus. Die Beklagte wohnt bis heute in der Wohnung.
Die Kläger beantragen,
1. die Beklagte zu verurteilen, gemeinsam mit ihnen das hinsichtlich der im 2.OG in Köln gelegenen Wohnung bestehende
Wohnraummietverhältnis schriftlich gegenüber der Erbengemeinschaft, vertreten durch den gerichtlich bestellten Nachlasspfleger, ordentlich zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu kündigen;
2. die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.173,82 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 04/2018 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass ihre von den Klägern eingeforderte Zustimmung nicht zu einer wirksamen Beendigung des Mietsverhältnisses führe. Aufgrund der früheren Mietverträge seien noch weitere Mieter vorhanden, deren Zustimmung ebenfalls einzuholen sei, da diese niemals aus dem Mietverhältnis ausgeschieden seien.
Die Klage wurde der Beklagten 04/2018 zugestellt. Mit Beschluss aus 05/2018 wurde das Verfahren vom Amtsgericht Köln wegen sachlicher Unzuständigkeit an das Landgericht verwiesen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt, insbesondere der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage Ist zulässig und begründet.
Hinsichtlich der allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen der Klage bestehen keine Bedenken. Insbesondere ist das Landgericht Köln zuständig. Das Gericht ist durch den Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Köln sachlich zuständig geworden § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO.
Die Kläger haben einen Anspruch aus § 730 Abs. 1 BGB dahin, dass die Beklagte gemeinsam mit ihnen bezüglich der im Tenor näher bezeichneten Wohnung gegenüber der Vermieterin zum nächstmöglichen Zeitpunkt, d.h. unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist, eine schriftliche Kündigungserklärung abgibt.
Denn ist einer der Mieter oder Vermieter nicht zum Ausspruch der Kündigung bereit, so kann er von den Kündigungswilligen auf Mitwirkung beim Ausspruch der Kündigung in Anspruch genommen werden (Schmidt-Futterer/Blank, 13. Aufl. 2017, BGB § 542 Rn. 44).
-WG als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GBR)-
Kündigung Mietverhältnis WG als GBR im Einzelnen:
Durch die gemeinsame Anmietung der streitgegenständlichen Wohnung ist zwischen den Klägern und der Beklagten eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts i. S. d. § 705 BGB entstanden. Wenn mehrere Personen einen Mietvertrag unterschreiben, d. h. gemeinsam eine Wohnung mieten, liegt zwischen ihnen als Mietgemeinschaft eine BGB-Gesellschaft vor (Emmerich Sonnenschein, Miete, Vorb. §§ 535, 536 BGB, Rn. 57, 55). Der von ihnen verfolgte Gesellschaftszweck ist, das Zusammenleben in der gemeinsam gemieteten Wohnung zu ermöglichen. Auch ein gesamthänderisch gebundenes Gesellschaftsvermögen ist gegeben, denn dazu gehört der gemeinsame Gebrauchsüberlassungsanspruch hinsichtlich der Wohnung.
Gem. § 723 BGB kann jeder Gesellschafter die Gesellschaft jederzeit kündigen, wenn die Gesellschaft nicht für eine bestimmte Zeit eingegangen ist. Durch die Kündigung eines Gesellschafters wird die Gesellschaft aufgelöst und ist gem. § 730 BGB abzuwickeln. Auf die Durchführung dieser Abwicklung hat jeder Gesellschafter einen Anspruch, wenn die Gesellschaft aufgelöst ist (vgl. OLG Hamm, Urt. vom 22.08.2005 — 8 U 189/04). Daraus ergibt sich auch ein Anspruch der Mieter gegen den anderen Mieter auf Zustimmung zur gemeinsamen Kündigung der gemeinsam gemieteten Wohnung (vgl. auch LG Hamburg, Urt. v. 12.11.1992, Az.: 332 O 338/12). Denn sind die Gesellschafter gemeinsam ein Mietverhältnis
eingegangen, gehört zu der Abwicklung auch die Beendigung des Mietverhältnisses. Daher hat jeder Gesellschafter gegen die übrigen Gesellschafter einen Anspruch auf Abgabe der Kündigungserklärung, die für die Beendigung des Mietverhältnisses erforderlich ist (vgl. OLG Hamburg, Urt. vom 18.05.2001 — 8 U 177/00). Denn ist der Mietvertrag von mehreren Mietern gemeinsam abgeschlossen worden, so kann dieser auch nur von allen Mietern gemeinsam gekündigt werden (Schmidt- Futterer/Blank, 13. Aufl. 2017, BGB § 542 Rn. 35-45). Da die Kündigung der gemeinsamen Wohnung Teil der Auseinandersetzung der Gesellschaft nach § 730 BGB ist, trifft die Mitmieter eine rechtlich durchsetzbare Pflicht zur Mitwirkung (vgl. auch Palandt-Thomas, § 730 Rdnr. 4; LG Hamburg, Urt. vom 12.11.1992 — 332 O 338/92).
Spätestens mit dem Auszug der Kläger im Februar bzw. März 2018. ist die Gesellschaft i.S.d. § 723 BGB aufgelöst worden. Der endgültige Auszug der Kläger ist, selbst wenn dieser nicht einverständlich mit der Beklagten erfolgt sein sollte, jedenfalls als konkludente Kündigungserklärung bezogen auf die Gesellschaft aufzufassen. Die Kläger haben zudem mehrmals gegenüber der Beklagten, etwa durch anwaltliches Schreiben aus 03/2018, zum Ausdruck gebracht, dass sie die BGB-Gesellschaft auflösen wollen.
Der Anspruch der Kläger ist auch nicht wegen Verstoßes gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ausgeschlossen. Ein solcher Verstoß käme nur in Betracht, wenn kein Interesse der Kläger erkennbar wäre, dass die Beklagte der Kündigung zustimmt. Ein Interesse der Kläger ist aber zu bejahen, da sie auch nach ihrem Auszug für alle Ansprüche aus dem Mietverhältnis mithaften. Nicht nur für den vertraglich geschuldeten Mietzins, sondern auch für sämtliche Schadensersatzansprüche der Vermieterin. Dies führt dazu, dass die Kläger dauernd dem Risiko der Insolvenz der Beklagten ausgesetzt sind, was ihnen nicht zuzumuten ist. Vielmehr sind die Befugnis zur Kündigung der Gesellschaft und die sich daraus ergebende Konsequenz der Auseinandersetzung, wozu auch die gemeinsame Kündigung des Mietverhältnisses zählt, ein typisches Risiko, das jeder Gesellschafter mit der Begründung einer derartigen Gesellschaft eingeht. Dem Mieter, der die Wohnung nicht kündigen, sondern weiter nutzen will, bleibt es zudem unbenommen, dieses mit dem Vermieter gesondert zu vereinbaren.
Entgegen der Ansicht der Beklagten kommt es auch nicht darauf an, ob die Zustimmung etwaiger weiterer Mieter einzuholen ist, welche möglicherweise aufgrund früherer Mietverträge noch vorhanden sind. Denn selbst wenn man unterstellt, dass die Zustimmung weiterer Mieter einzuholen wäre, käme es darauf hier nicht an. Denn der Anspruch der Kläger gegenüber der Beklagten auf Mitwirkung an der Kündigung der streitgegenständlichen Wohnung besteht unabhängig von einem etwaigen Erfordernis weiterer Zustimmungserklärungen zu der Kündigung.
Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten können die Kläger gegen die Beklagte unter Verzugsgesichtspunkten nach § 286 BGB beanspruchen. Die Beklagte befindet sich seit 11/2017 gegenüber den Klägern mit der Abgabe der Kündigungserklärung in Verzug.
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
Der Streitwert wird auf 10.200,00 EUR festgesetzt. Er ergibt sich aus dem Wert der Jahresnettomiete der streitgegenständlichen Wohnung. Dieser Wert ist gemäß § 3 ZPO zugrunde zu legen. Die Klage ist auf Mitwirkung an der Kündigung des Mietverhältnisses gerichtet. Da die Kläger nicht mehr aus dem Mietvertrag haften möchten, stellt die Jahresnettomiete eine zütreffende Grundlage für die Wertberechnung dar.
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