Kündigung des Transportvertrags des verspäteten Transportunternehmens
Mit (nicht rechtskräftigem) Urteil vom 21. Mai 2014 hat das Amtsgericht Köln – Az. 134 C 293/13 – in einem transportrechtlichen Fall entschieden, dass die Transportkosten nach Kündigung wegen einer 3 stündigen Verspätung des Frachtführers am Beladeort aufgrund auftreberseitiger Kündigung nicht zurückverlangt werden kann, wenn ein fixer Beladetermin nicht vereinbart wurde und ein sonstiger Nachteil des Auftraggebers nicht dargelegt ist.
Aufgrund ersparter Aufwendungen bei nicht vollständig durchgeführtem Transportauftrag wurde dem Rückforderungsanspruch teilweise entsprochen.
Das AG Köln hat für Recht erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1. 000 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz seit dem 22. Oktober 2013 zu zahlen und die Klägerin von ihren außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 124,00 € freizustellen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin und der Beklagten jeweils zu 50% auferlegt.
(…)
Tatbestand:
(Verspätung Transportunternehmen)
Die Klägerin begehrt von der Beklagten, einem Transportunternehmen, die Rückzahlung gezahlter Transportkosten in Höhe von 2. 000,00 €.
Die Parteien schlossen 01. August 2013 einen Transportvertrag , aufgrund dessen sich die Beklagten verpflichtete, für die Klägerin am 10. August 2013 einen PKW von S./Schweiz nach K. zu transportieren. Als Verladezeitpunkt wurde in der Vertragsurkunde der 10. August 2013 um 8:30 Uhr angegeben. Entladepunkt sollte der 12. August 2013, 6:00 Uhr sein. Der Rücktransport von K. sollte am 13. August 2013 erfolgen.
Des Weiteren wurde die Geltung deutschen Rechts, der für den Gütertransport mit Kfz auf der Straße marktüblichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie der Vorschriften der CMR vereinbart. Als Gerichtsstand wurde K. festgelegt.
Die Klägerin überwies am 02. August 2013 den vereinbarten Transportpreis in Höhe von 2000,00 € an die Beklagte. Mit E-Mail vom gleichen Tag teilte der Mitarbeiter der Klägerin der Beklagten unter Angabe einer Wegbeschreibung mit, dass der Verladeort der Zollstelle S./T. sein soll.
Mit E-Mail vom 10. August 2013, 11:32 Uhr stornierte die Klägerin den Transportvertrag und forderte die Beklagte mehrfach, zuletzt mit anwaltlichem Schreiben vom 08. Oktober 2013 unter Fristsetzung bis zum 21. Oktober 2013 zur Rückzahlung der geleisteten 2.000,00 € auf. Eine Zahlung der Beklagte erfolgte nicht.
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Die Klägerin behauptet, dass am 10. August 2013 zum vereinbarten Verladezeitpunkt am vereinbarten Verladeort kein Fahrzeug der Beklagten eingetroffen sei. Auf telefonische Nachfrage ihres Mitarbeiters bei der Beklagten gegen 8.45 Uhr sei sodann mitgeteilt worden, dass das Beklagtenfahrzeug frühestens in ca. 3 Stunden eintreffen werde, da es noch über 238 km vom vereinbarten Verladeort entfernt sei. Da es der Klägerin auf eine pünktliche Ablieferung des Fahrzeuges in K. angekommen sei, habe ihr eigener Mitarbeiter das Fahrzeug nach K. gefahren. Die Klägerin meint, dass sie vor diesem Hintergrund zur Kündigung des Transportvertrages berechtigt gewesen sei.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über jeweils geltenden Basiszinssatz seit dem 22. Oktober 2013 zu zahlen und die Klägerin von ihren außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 255.85 € freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage anzuweisen.
Die Beklagte behauptet, dass ihre Fahrer sich am 10. August 2013 schon um 7 Uhr an dem von der Klägerin angegebenen Treffpunkt eingefunden hätten. Nach mehrmaligem Telefonieren habe sich dann ergeben, dass der Fahrer der Klägerin an einer anderen Stelle gewartet habe. Die Beklagte meint, dass eine dreistündige Verspätung bei einer Entfernung von über 550 km den Auftraggeber nicht zur Kündigung des Transportvertrages berechtigte. Es sei bereits nicht ersichtlich. dass das Interesse der Klägerin an einem Transport durch die Beklagte zum Zeitpunkt des Eintreffens des Beklagten-Pkws am Verladeort nicht mehr vorhanden gewesen sei. Jedenfalls habe die Klägerin bei Abschluss des Vertrages nicht hinreichend deutlich gemacht, dass sie auf eine Einhaltung des fixen Beladezeitpunktes bestehe. Sie habe daher keinen Anspruch auf eine Beladung des Transportgutes um 8.30 Uhr gehabt.
(…)
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Rückzahlung eines Betrages in Höhe von 1.000,00 € gemäß § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB.
Die Klägerin hat an die Beklagte die vereinbarten Transportkosten in Höhe von 2.000,00 € gezahlt. nach erfolgter Kündigung des Transportvertrages steht der Beklagten allerdings nur noch ein Recht zum Einbehalt von 1.000,00 € zu. Die darüber hinausgehenden 1.000,00 € muss sie an die Klägerin zurückzahlen.
-Transportvertrag-
Die Klägerin hat den mit der Beklagten geschlossenen Transportvertrag gemäß § 415 Abs. 1 HGB gekündigt. Gleichwohl bestand der Anspruch der Beklagten auf die vereinbarte Fracht gemäß § 415 Abs. 2. Satz Nr. 1 HGB fort. Zwar lag der Grund für die Kündigung – Nichteintreffen der Fahrer der Beklagten zum vereinbarten Zeitpunkt am vereinbarten Verladeort – im Risikobereich der Beklagten (§ 415 Abs. 2. Satz 2 HGB). Sofern diese zunächst behauptet hat, sich bereits um 7.00 Uhr an dem von der Klägerin angegebenen Treffpunkt befunden zu haben, war dieser pauschale Vortrag in Anbetracht des konkreten gegenteiligen Klägervortrages zum vereinbarten Treffpunkt und der telefonischen Mitteilung durch die Fahrer der Beklagten nicht ausreichend. Zudem hat die Beklagte sich auf den Standpunkt gestellt, dass eine dreistündige Verspätung den Auftraggeber nicht zur Kündigung berechtige.
Die Klägerin hat jedoch nicht in hinreichender Weise dargelegt, dass ihr Interesse an der Beförderung drei Stunden nach dem vereinbarten Verladetermin entfallen ist (§ 415 Abs. 2 Satz 2 a. E. HGB). Dem Transportvertrag ist zu entnehmen, dass das Transportgut am 10. August 2013 um 8.30 Uhr in S. übergeben und am 12. August 2013 um 6.00 Uhr in K. entladen werden sollte. Bis zum vereinbarten Entladezeitpunkt in K. lagen somit fast 45 Stunden.
– Verspätete Ankunft am Verladeort –
Die Fahrt von S. nach K. beträgt lediglich ca.5-6 Stunden. Es ist vor diesem Hintergrund nicht ersichtlich, wieso das Interesse der Klägerin an einer Durchführung des Transports durch die Beklagte entfallen sein soll. Sofern sich die Klägerin darauf beruft, aufgrund der Verspätung der Fahrer der Beklagten das Vertrauen in deren Zuverlässigkeit verloren zu haben steht das Gericht auf dem Standpunkt, dass die verspätete Ankunft am Verladeort für sich genommen noch nicht zu einem Fortfall der Vertrauensbasis führen kann, zumal es sich um eine Fernstrecke handelte, bei der Verspätungen nicht immer zu vermeiden sind.
Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Auftraggeber gegenüber dem Frachtführer bei Vertragsschluss nicht hinreichend deutlich gemacht hat, dass er sein Leistungsinteresse an die Einhaltung der im Vertrag angegebenen Verladezeit knüpft. Ein solcher ausdrücklicher Hinweis der Klägerin ist vorliegend nicht erfolgt. Die bloße Angabe eines Termins oder Zeitpunkts (hier: 8:30 Uhr) reicht nicht für die Annahme eines relativen Fixgeschäftes aus
(vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl. 2011, § 323 RN 20),
insbesondere deshalb nicht, weil die Entladung erst zu einem über 45 Stunden späteren Zeitpunkt erfolgen sollte. Auch aus der von der Klägerin vorgelegten E-Mail vom 01. August 2013 geht nicht hinreichend deutlich hervor, dass diese bei einer um drei Stunden verspäteten Übernahme des Transportgutes ihr Interesse an der Durchführung des Transportes durch die Beklagte verlieren würde. Vielmehr wird in der E-Mail nur darauf hingewiesen, dass die Ablieferung in K. wie vereinbart erfolgen müsse, was aber angesichts der großzügigen Zeitspanne zwischen Beladung und Entladung auch einer um drei Stunden verzögerten Abfahrt am Beladeort noch problemlos möglich gewesen wäre.
Gemäß § 415 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 a. E. HGB muss sich die Beklagte allerdings die infolge der Aufhebung des Vertrages ersparten Aufwendungen auf die vereinbarte Fracht anrechnen lassen. Die Beklagte hat keine Angaben zur Höhe ihrer ersparten Aufwendungen gemacht. Die Behauptung der Klägerin, die Beklagte habe durch den Fortfall des Rücktransports von K. nach Z. jedenfalls 1.000,00 € eingespart, erscheint einleuchtend und ist von der Beklagten auch nicht bestritten worden. Der Klägervortrag kann daher als unstreitig (§ 138 Abs. 3 ZPO) zugrunde gelegt werden.
Andere Anspruchsgrundlagen der Klägerin sind nicht ersichtlich. Insbesondere scheidet eine Rückforderung der gesamten Transportkosten gemäß §§ 323 Abs. 2 Nr. 2, 346 BGB aus, da nach dem Vorgesagten nicht von einem relativen Fixgeschäft ausgegangen werden kann, bei dem eine Fristsetzung der Klägerin entbehrlich gewesen wäre.
Der zuerkannte Zinsanspruch folgt aus den §§ 286, 288 Abs. 2 BGB. Die Freistellung von ihren vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nach den § 2, 13 RVG, Nr. 2300, 7002 VV RVG, berechnet nach einem Gegenstandswert in Höhe v. 1.000,00 €, kann die Klägerin ebenfalls unter Verzugsgesichtspunkten (§§ 288, 286 BGB) von der Beklagten beanspruchen.
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