Schadensersatz bei Beschädigung von Transportgut gem. §§ 451, 407, 425 HGB (§ 398 ZPO)
Das Landgericht Köln hat in einer Entscheidung vom 09. Januar 2018 – Az. 16 S 5/16 – einer Schadensersatzklage bezogen auf die Beschädigung von Transportgut teilweise stattgegeben. Das Urteil zeigt, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit Schäden am Transportgut tatsächlich gegenüber dem Transportunternehmer durchgesetzt werden können.
Es handelt sich um ein Berufungsverfahren. Das Amtsgericht Köln hatte zuvor die Klage insgesamt abgewiesen. Dieses Urteil hat das Landgericht teilweise aufgehoben und für Recht erkannt:
Das Urteil des Amtsgerichts Köln 142 C 322/14 vom 04. April 2016 wird auf die Berufung des Klägers und Berufungsklägers vom 08. Juli 2016 teilweise aufgehoben und wie folgt neu gefasst:
Das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Köln 142 C 322/14 vom 31. August 2015 wird insoweit aufrecht erhalten, als die Beklagte dadurch verurteilt worden ist, an den Kläger 580,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basizinssatz seit dem 11. April 2014 sowei vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 79,97 € zu zahlen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits 1. und 2. Instanz trgen die Kläger zu 85% und die Beklagte zu 15%.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aufgrund einer behaupteten Beschädigung von Transportgut i.H.v. 3.800 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.04.2014 sowie Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten i.H.v. 218,72 €. Zu näheren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen. (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen.
Mit seiner Berufung wendet sich der Kläger gegen das amtsgerichtliche Urteil mit dem Ziel, eine Verurteilung der Beklagten entsprechend den erstinstanzlichen Anträgen zu erreichen. Er rügt die durch das Amtsgericht Köln vorgenommene Tatsachenfeststellung als unvollständig und daher fehlerhaft, zum anderen sei das Amtsgericht fehlerhaft davon ausgegangen, der Weitertransport der transportierten Möbelstücke in die Wohnung des Klägers sei nicht mehr durch die Beklagte ausgeführt worden, sondern durch den Kläger selbst veranlasst gewesen.
Der Kläger und Berufungskläger beantragt,
das Urteil des Amtsgerichts Köln 142 C 322/14 vom 04.04.2016 abzuändern und die Beklagte unter Aufrechterhaltung des Versäumnisurteils vom 31. August 2015 zu verurteilen, an den Kläger 3.800,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11. April 2014 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 218,72 zu zahlen.
Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte und Berufungsbeklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil; sie hält die Aussage der Zeugin T. im erstinstanzlichen Verfahren durch das Amtsgericht zutreffenderweise als unergiebig gewürdigt und Ansprüche des Klägers darüber hinaus deshalb ausgeschlossen, da selbst bei einer mangelfreien Entgegennahme des Transportguts eine Beschädigung im Verantwortungsbereich des Klägers nicht ausgeschlossen werden könnte.
Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung am 20. Dezember 2016 darauf hingewiesen, dass hinsichtlich der Schadenhöhe maßgeblich sei, die Differenz zwischen dem Wert des unbeschädigten Umzugsgutes am Ort und zur Zeit der Übernahme zur Beförderung und dem Wert des beschädigten Gutes an Ort und Zeit der Übernahme, wobei eine gesetzliche Vermutung dahingehend bestehe, dass der Schaden in Höhe etwaiger Reparaturkosten entstanden sei.
Das Berufungsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin T. ausweislich des Beweisbeschlusses vom 28. Februar 2017. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 17. Oktober 2017 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist insgesamt zulässig. Sie hat auch in der Sache teilweise Erfolg:
Dem Kläger steht ein Anspruch auf Schadensersatz gemäß §§ 451, 407, 425 HGB gegen die Beklagte in Höhe von 570,- € wegen der Beschädigung des Highboards und des Sideboards zu.
Gemäß § 425 Abs. 1 HGB haftet der Frachtführer für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung des Gutes in der Zeit der Übernahme zur Beförderung bis zur Ablieferung entsteht. Zwischen den Parteien ist ein Umzugsvertrag gemäß § 425 HGB zustande gekommen. Unter dem 19. Januar 2014 unterzeichnete der Kläger einen Auftrag der Beklagten über den Transport von Umzugsgut von D. in Deutschland nach A. in Spanien. In Erfüllung dieses Auftrages führte die Beklagte unter dem 28. Januar 2014 den Umzug unter anderem hinsichtlich der streitgegenständlichen Möbel durch. Aufgrund der durch das Berufungsgericht durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Berufungsgerichts fest, dass zwischen der Übernahme und Ablieferung, also im Haftungszeitraum des Frachtführers, Beschädigungen an dem Sideboard und dem Highboard entstanden sind. Insoweit ist dem darlegungs- und beweisbelasteten Kläger der Beweis durch eine Beschädigung des Gutes durchc den Frachtführer gelungen.
Grundsätzlich steht es im Ermessen des Berufungsgerichts, ob es Zeugen die in der Vorinstanz bereits vernommen worden, nach § 398 Abs. 1 ZPO erneut vernimmt. Das Berufungsgericht ist zur nochmaligen Vernehmung jedoch verpflichtet, wenn es Glaubwürdigkeit der Zeugen anders beurteilen will als das Erstgericht
(BGHZ 158, 269 (274) = NJW 2004, 1876 = BeckRS 2011, 06097 Rn 6).
Gleiches gilt dann, wenn das Berufungsgericht die protokollierte Aussage eines Zeugen anders verstehen will als der Richter der Vorinstanz (BGH, NJW 1982, 1052 (1053); NJW 1984, 2629) oder wenn es die Aussage eines Zeugen für zu vage und für präzisierungsbedürftig hält
(BGH, NJW 1982, 1052 (1053); NJW-RR 2002, 1649 (1650))
oder wenn es der Aussage auch nur ein anderes Gewicht, eine andere Tragweite oder eine vom Wortsinn abweichende Auslegung geben will (BGH, NJW 2015, 74, zVb Rn. 23). In all diesen Fällen kann die nochmalige Vernehmung eines Zeugen nur unterbleiben, wenn sich das Rechtsmittelgericht auf Umstände stützt, die weder die Urteilsfähigkeit, das Erinnerungsvermögen oder die Wahrheitsliebe des Zeugen noch die Vollständigkeit oder Widerspruchsfreiheit seiner Aussage betreffen (BGH, NJW 2011, 3780 mit Anm. Voit, NJW 2011, 3782 = NZBau 2011, 746 Rn. 16; BauR 2013, 1726 = BeckRS 2013, 12816 Rn. 12).
(zitiert nach BGH NJOZ 2015, 310, beck-online)
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat das Berufungsgericht die Zeugin T. erneut vernommen. Aufgrund dessen hält die Kammer hinsichtlich des Sideboards und des Highboards den Beweis für geführt, dass diese bei Übernahmedes Umzugsgutes nicht beschädigt waren. Die Zeugin T. hat im Rahmen ihrer Vernehmung am 17. Oktober 2017 bekundet, an den Schränken seien die Seiten und die Fronten zu sehen gewesen. Nach ihrer Erinnerung seien daran keine Schäden vorhanden gewesen. Insbesondere nichts, das offensichtlich gewesen wäre. Schäden, wie sie auf Foto A zu sehen sind, seien an dem Schrank weder wahrgenommen noch gesehen worden.
Dasselbe gelte für Foto C, soweit darauf ein Schrank zu sehen sei. An keinem der Schränke seien Schäden erkennbar gewesen, wie sie auf Bl. 66 oder Bl. 69 und 70 der Akte an den Schränken abgebildet seien. Sie hätte derartige Schäden, so wie vor Übernahme bereits vorhanden gewesen wären, wahrgenommen, da sie direkt vor den Möbeln gestanden habe. Die Aussage der Zeugin ist nachvollziehbar und insgesamt glaubhaft. Die Glaubwürdigkeit der Zeugin wird noch dadurch betont, dass die Zeugin Wissenlücken im Hinblick auf den Couchtisch und das Bett einräumte und lediglich angab, hinsichtlich der Schränke Aussagen machen zu können. Dadurch hat die Zeugin gezeigt, dass sie ihre Aussage sachlich und frei von Belastungs- oder Entlastungstendenzen getätigt hat. Die Begründung, dass ihre Wahrnehmungsfähigkeit hinsichtlich der beiden Schränke darauf beruhte, dass sich diese beiden Möbelstücke, hinsichtlich derer sie keine Aussage treffen konnte, im Lager standen und verpackt waren, ist lebensnah und widerspruchsfrei.
Die Beschädigung an den Schränken, die damit nach Übernahme entstanden sind, sind auch vor der Ablieferung und damit noch im Verantwortungsbereich der Beklagten entstanden. Swoewit sich die Beklagte darauf beruft, eine etwaige Beschädigung während des Transportes vom Lkw in die Wohnung des Klägers sei nicht mehr im Zeitrahmen ihrer Haftung erfolgt, ist dies unzutreffend. Gemäß Auftrag schuldete die Beklagte den Transport bsi zur Entladestelle „Klägername, Ort/Anlage, Etage: EG“ aufgrund der Angabe des Geschosses kann die Auftragsbeschreibung bei der Berücksichtigung des gemäß §§ 133, 157 BGB anzulegenden Maßstabs des objektiven Empfängerhorizontes nur dahingehend verstanden werden, dass Ablieferung und damit Entladung der Beklagten in der Wohnung des Klägers erfolgen sollte. Indem sich die Beklagte des Herrn S. für den Transport der Reststrecke bediente, hat sie dessen Pflichtverletzungen im Rahmen einer Zurechnung gemäß § 428 S. 2 HGB gegen sich gelten zu lassen.
Der Anspruch ist auch nicht gemäß § 451 f HGB erloschen. Gemäß § 451 f Nr. 2 HGB erlöschen Ansprüche wegen Beschädigung des Umzugsgutes, wenn die Beschädigung nicht äußerlich erkennbar war, wenn nicht innerhalb von 14 Tagen nach Ablieferung eine Schadenanzeige erfolgt. Im streitgegenständlichen Fall waren die Möbel verpackt (vergleich Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils). Ein Öffnen der Verpackung ist bei Anlieferung nur dann erforderlich, wenn schon aus dem äußeren Verpackungsbild ein Schaden zu erwarten ist (vgl. Koller Transportrecht 2013, § 451 Buchst. f HGB Rn. 2). Hierzu hat die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Berufungsbeklagte nichts vorgetragen, so dass die 14-tägige Frist läuft. Innerhalb dieser Frist ist die Schadenanzeige des Klägers erfolgt.
Hinsichtlich der Schadenhöhe war der durch die Tischlerei G. veranschlagte Wert in Höhe von 310,- € für das Sideboard, 270,- € für das Highboard, mithin 580,- € ohne Mehrwertsteuer zugrunde zu legen. Bei Beschädigung des Transportguts ist gemäß § 429 Abs. 2 S. 1 HGB der Unterschied zwischen dem Wert des unbeschädigten Gutes am Ort und zurzeit der Übernahme zur Beförderung und dem Wert zu ersetzen, den das beschädigte Gut am Ort und zurzeit der Übernahme gehabt hätte.
Gemäß § 429 Abs. 2 S. 2 HGB wird vermutet, dass die zur Schadenminderung und Schadenbehebung aufzuwendenden Kosten dem nach S. 1 zu ermittelnden Unterschiedsbetrag entsprechen. Im Hinblick auf die nach Einheitspreisen veranschlagten und damit substantiiert dargelegten Reparaturkosten ist die Beklagte nicht substantiiert und damit nicht erheblich entgegengetreten. Soweit sie darauf verweist, die Einheitspreise seien im Ergebnis übersetzt, ist nicht ersichtlich, welche das Ergebnis bildenden, vom Kläger im Einzelnen dargelegten Einheitspreise zu dem übersetzten Ergebnis führen sollen, sodass für den Kläger nicht ersichtlich ist, worauf ein etwaiger Beweisantritt auszurichten wäre. Ein merkantiler Minderwert, wie ihn der Kläger mit Schriftsatz vom 09.02.2017 erstmals dargestellt hat, ist nicht schlüssig dargelegt. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit ein solcher für die hier als beschädigt anzusehenden Schränke überhaupt in Betracht kommt, da zu einem entsprechenden Markt nichts vorgetragen ist. Darüber hinaus scheitert ein solcher Anspruch auch an § 432 S. 2 HGB.
Die in Abhängigkeit zur Hauptforderung stehenden Nebenforderungen waren im Verhältnis der Begründetheit der Berufung als Teil des Schadensersatzes ebenfalls begründet.
Im Übrigen – d.h. hinsichtlich der weiteren Möbelstücke, deren Beschädigung der Kläger rügt – war die Berufung als unbegründet zurückzuweisen. Der auch insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kläger vermochte den Beweis nicht zu führen, dass eine Beschädigung nicht bereits vor der Übernahme durch die Beklagte vorlag.
Die Aussage der Zeugin T. war insoweit unergiebig, da sie zu den sich im Lager befindlichen Möbeln wie dem Bett, dem Couchtisch und der Wohnlandschaft keine Aussagen hat treffen können, weil sie angab, sich die Möbel, die aus dem Keller geholt werden mussten, nicht angesehen habe. Soweit die Zeugin im Hinblick auf die Wohnlandschaft angegeben hat, der auf dem Foto erkennbare Riss habe beim Einladen erkannt werden müssen und könne leicht beim Einladen des Möbelstücks entstehen, handelt es sich dabei nicht um eine Aussage, die die Zeugin aus ihrer eigenen Wahrnehmung heraus getroffen hat, sondern um allgemeine Erfahruungswerte, weshalb die Kammer gehindert war, diese Aussage einer Verurteilung zugrunde zu legen.
Die geschilderten Erfahrungswert lassen zudem bereits keinen Schluss darauf zu, bei welchem Transportvorgang der Riss entstanden ist. Er könnte ebenso gut bei einem Transport in den Keller entstanden sein und somit bereits vor Übernahme vorhanden gewesen sein.
Soweit der Kläger Ansprüche wegen weiterer in der Klageschrift genannter Möbel begehrt, hat er insoweit den beklagten Schaden auch nach gerichtlichem Hinweis nicht schlüssig dargetan.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 3.800,- €
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