Im Verkehrsrecht bereiten Unfälle im gleichgerichteten Verkehr häufig Schwierigkeiten. Denn es besteht das Problem, dass der Geschädigte den Vollbeweis dafür anzutreten hat, dass der Schadenverursacher den Spurwechsel unter Missachtung des Geschädigtenfahrzeuges durchgeführt hat. Der Geschädigte bleibt dabei regelmäßig beweispflichtig, wenn keine Unfallzeugen zur Verfügung stehen. Der Sachverständigenbeweis durch Einholung eines Unfallrekonstruktionsgutachtens bringt in der Regel kein befriedigendes Ergebnis, da das Spurenbild an den Fahrzeugen zumeist bei parallel verlaufender Kollision keine verwertbaren Eindrücke hinterlässt. Es kommt dann zur Schadenteilung mangels Aufklärbarkeit des Unfallgeschehens. Das Amtsgericht Wuppertal hat es mit Entscheidung vom 21. Mai 2010 nach Zeugenvernehmung als aufgeklärt angesehen, welcher Unfallbeteiligte schuldhaft seine Spur verlassen und den Unfall verursacht hat mit der Folge der vollen Haftung des Spurwechslers (AG Wuppertal, Urteil v. 21. Mai 2010, Az.: 32 C 140/08).
Unfall mit rückwärts Einparkendem; Sorgfaltsmaßstab bei Vorbeifahrt an rückwärts einparkendem Fahrzeug; Sicherheitsabstand; Haftungsverteilung
Mit Urteil vom 15. April 2014 – Az. 11 S 301/13 – hat das Landgericht Köln entschieden, dass ein ausreichender Sicherheitsabstand bei der Vorbeifahrt an einem rückwärts einparkenden Fahrzeug einzuhalten ist. Bei dem zu wählenden Sicherheitsabstand muss der Vorbeifahrende dem Umstand Rechnung tragen, dass das andere Fahrzeug beis einem rückwärtigen Einparkvorgang ausschwenkend in die von ihm gewählte Spur geraten kann (so auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.10.2011 – Az I-1 U 19/11). Es handelt sich nicht um ein Überholen i.S.d. § 5 StVO, da dies voraussetzt, dass das zu überholende Fahrzeug deutlich fährt. Der Vorbeifahrende muss entweder hinter dem Einparkenden anhalten oder den gebotenen Sicherheitsabstand einhalten. Das Landgericht Köln hält einen Abstand von 50 cm während der Vorbeifahrt für zu gering. Angaben, mit welchem Mindestabstand die Vorbeifahrt durchzuführen ist, macht das Gericht nicht.
Kommt es beim Rückwärtseinparken zu einem Unfall, spricht der Beweis des ersten Anscheins für ein Verschulden des Rückwärtsfahrenden. So wie der Vorbeifahrende das Ausschwenken des rückwärts Einparkenden zu beachten hat, ist auch der Rückwärtsfahrende gehalten, hierauf zu achten. Der Rückwärtsfahrende kann sich nicht dadurch exkulpieren, dass er angibt, er habe vor dem Einparkvorgang nach hinten geschaut und kein Fahrzeug herannahen gesehen. Gerade beim rückwärts gerichteten Einfahrenin einer Parklücke darf der Rückwärtsfahrende seine Konzentration nicht nur auf den Einparkvorgang selbst ausrichten, sondern muss den ihn umgebenden Verkehrsraum insgesamt wegen der besonderen Gefahrensituation sorgfältig beobachten (OLG Düsseldorf, a.a.O.). Der Zurücksetzende muss dabei nicht nur bei Beginn der Rückwärtsfahrt auf den rückwärtigen Verkehr achten, vielmehr ist während des gesamten Fahrmanövers eine ständige Rückschau geboten.
Verstößt der Vorbeifahrende gegen das Mindestabstandsgebot und der Rückwärtsfahrer gegen die ständige Rückschaupflicht, hält Landgericht im Rahmen der Abwägung der Verursachungsbeiträge von 60% zu Lasten des Rückwärtsfahrers und 40% zu Lasten des Vorbeifahrenden an.
Anscheinsbeweis gegen den Ein- oder Aussteigenden; Sorgfaltsmaßstab bei der Vorbeifahrt an widerrechtlich auf Fahrbahn abgestelltem Paketdienstfahrzeug; Unfall durch Öffnen der Fahrertür
In dem Rechtsstreit der Frau D., Klägerin, g e g e n die beklagte Vers. und den Fahrer des Beklagtenfahrzeuges hat das Amtsgericht Köln für Recht erkannt:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin € 3.218,64 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von € 359,50, jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über den jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18. September 2013 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 11% und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 89%.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen sich durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in selber Höhe leisten.
Tatbestand:
Die Klägerin verlangt aus abgetretenem Recht von der Beklagten zu 1) als Haftpflicht-versicherung und dem Beklagten zu 2) als Fahrer des Lkws Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall, der sich am 05. November 2012 in K. ereignete. Am Unfalltag gegen 16:40 Uhr befuhr der Ehemann der Klägerin Herr W. mit dem Pkw die M.-Straße in K. Bei der M.-Straße handelt es sich um eine Einbahnstraße. An beiden Seiten befinden sich Parkstreifen. Das Beklagtenfahrzeug stand in Höhe der Hausnr. 42 in zweiter Reihe am rechten Fahrbahnrand. Herr W. beabsichtigte, links am Beklagtenfahrzeug vorbeizufahren. Der Beklagte zu 2) öffnete die Tür des Beklagtenfahrzeugs, wobei streitig ist, wann dies geschah. Es kam zur Kollision zwischen dem klägerischen Pkw und der Tür des Beklagtenfahrzeuges. Das klägerische Fahrzeug fuhr über den Fuß des Beklagten zu 2). Das Fahrzeug der Klägerin war über die S.-Bank finanziert und an diese sicherungsübereignet. Die letzte Rate wurde am 25.01.2013 bezahlt. Ihre Ansprüche aus dem Verkehrsunfall vom 05.11.2012 hat die S.-Bank mit Erklärung vom 10.09.2013 an die Klägerin abgetreten. Die Klägerin macht Reparaturkosten in Höhe von € 2.581,00 netto, eine Wertminderung von € 150,00, Sachverständigengebühren von € 581,01 und und eine Kostenpauschale von € 25,56 geltend. Des Weiteren verlangt sie Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren. Die Beklagte verwies die Klägerin hinsichtlich der Reparatur u.a. auf die Eurogarant-zertifizierte Werkstatt F-M. und setzte Reparaturkosten in Höhe von € 2.462,63 an. Die Klägerin behauptet, der Beklagte zu 2) habe in dem Moment, als Herr W. an dem Beklagtenfahrzeug vorbeigefahren sei, plötzlich und unerwartet die Tür geöffnet. Außerdem sei der Abstand zum Vorbeifahren an dem Beklagtenfahrzeug aufgrund dessen verbotswidrigen Parkens in zweiter Reihe sehr eng gewesen. Ferner behauptet die Klägerin, die in dem von ihr eingereichten Gutachten kalkulierten Reparaturarbeiten seien zur Behebung des unfallbedingten Schadens erforderlich. Die Klägerin beantragt, 1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie € 3.337,57 nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 15.02.2013 zu zahlen, 2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu veruteilen, an sie € 419,48 nebst 5% Zinsen über Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen. Sie behaupten, der Beklagte zu 2) habe gerade wieder in sein Fahrzeug einsteigen wollen. Er habe sich vergewissert, dass sich von hinten keine Fahrzeuge näherten und sei auf der linken Fahrzeugseite entlang gegangen. Er habe die Fahrertüre geöffnet und bereits sein rechtes Bein in das Fahrzeug gestellt, als das Klägerfahrzeug plötzlich an ihm vorbeigehfahren sei. Die Beklagten bestreiten, dass bei dem Unfall die Nebelscheinwerfer und der linke Türgriff beschädigt worden seien. Das Gericht hat Beweis erhoben aufgrund des Beweisbeschlusses vom 06.11.2013. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. H. vom 16.05.2014 verwiesen. Die Akte Staatsanwaltschaft lag vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird ergänzend auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist überwiegend begründet. Die Klägerin kann von den Beklagten gemäß §§ 7 Abs. 1, 17, 18 StVG; 115 VVG weiteren Schadensersatz in Höhe von € 3.218,64 nebst entsprechenden Rechtsanwaltsgebühren und Zinsen verlangen. Die Beklagten haften für die aufgrund des Unfalls entstandenen Schäden zu 100%. Lediglich bei den Reparaturkosten muss sich die Klägerin Abzüge gefallen lassen. Die Klägerin ist aktiv legitimiert. Die S.-Bank hat ihr zustehende Schadensersatzansprüche wirksam an die Klägerin abgetreten. Zutreffend ist, dass zuvor eine Aktivlegitimation nicht gegeben war, denn die S.-Bank war im Unfallzeitpunkt Eigentümerin des Fahrzeugs. Da keine Zweifel an der Wirksamkeit de Abtretungserklärung und an der konkludenten Annahme durch die Klägerin bestehen, ist sie ab dem Zeitpunkt der Abtretung jedoch aktiv legitimiert. Für das Verschulden des Beklagten zu 2) sprach bereits nach dem unstreitigen Parteienvortrag der Beweis des ersten Anscheins. Beim Ein- bzw. Aussteigen und auch schon beim Öffner der Türe muss man sich gemäß § 14 StVO so verhalten, dass jegliche Gefährung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen gewesen wäre. Kommt es im unmittelbaren örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem Ein- oder Aussteigen aus einem geparkten Fahrzeug zu einem Verkehrsunfall, so spricht der Beweis des ersten Anzeichens für eine fahrlässige Sorgfaltspflichtverletzung (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 22.11.2007, 12 U 199/06). Es ist den Beklagten nicht gelungen, den gegen sie sprechenden Anscheinsbeweis zu entkräften. So haben sie nicht bewiesen, dass die Tür bereits geöffnet war, als das Klägerfahrzeug begann, an dem Lkw des Beklagten vorbeizufahren. Vielmehr hat sich aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. H. ergeben, dass die Türe des Beklagtenfahrzeugs während der Vorbeifahrt des klägerischen Pkws aufgestoßen und annähernd maximal geöffnet wurde. Dies hat der Sachverständige aufgrund der senkrechten Kerbe im Kotflügel des Klägerfahrzeugs und dem Knick der Türvorderkante des Beklagten-Lkws feststellen können. Auch spricht das Verkeilen der Türe zwischen den Fahrzeugen für eine dynamische Öffnung der Türe. Ferner hat sich kein zu geringer Sicherheitsabstand des klägerischen Pkws zum Beklagtenfahrzeug ergeben. Der Sachverständige Dipl.-Ing. H. hat dargelegt, dass der Kläger einen Abstand von einem Meter zum Beklagtenfahrzeug einhielt. Da nicht nachgewiesen ist, dass die Türe des Beklagtenfahrzeugs bereits offen stand, als Herr W. zum Vorbeifahren ansetzte, war auch nicht zu verlangen, dass das Klägerfahrzeug einen größeren Sicherheitsabstand als einen Meter einhielt. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass der Beklagte zu 2) sich neben dem Fahrzeug befand. Es haben sich keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Abstand zu dem Beklagten zu 2) nicht ausreichend gewesen wäre, wenn dieser sich nicht ohne Beachtung des Verkehrs weiter in die Fahrspur bewegt hätte. Hierzu hat der Sachverständige nachvollziehbar und mit Fotos einen Selbstversuch dargelegt, dass sich der Fuß des Beklagten zu 2) erst durch dessen Bewegung und eher zum ende der Bewegung hin weiter nach außen bewegte. Das Gericht sah keinen Anlass, an den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen zu zweifeln. Er ist aus einer Vielzahl von Verfahren bekannt. Seine Sach- und Fachkunde stehen außer Frage; seine Argumentation ist nachvollziehbar und folgerichtig. Ferner wurde nicht nachgewiesen, dass der Beklagte zu 2) vor dem Öffnen der Türe die erforderliche Umschau nach hinten vorgenommen hat. Soweit der Beklagte zu 2) dies behauptet hat und erklärt hat, das klägerische Fahrzeug sei zu diesem Zeitpunkt zu weit weg gewesen, als dass er es hätte sehen können, hält das Gericht seine Angaben für nicht glaubhaft. Da der Sachverständige überzeugend erläutert hat, dass die Tür aktiv gegen das Fahrzeug geöffnet wurde kann das Türöffnen erst stattgefunden haben, als sich das Klägerfahrzeug neben dem Beklagten zu 2) befand. Bei einer Umschau kurz zuvor hätte dann das Klägerfahrzeug auch für den Beklagten zu 2) wahrnehmbar sein müssen. Dass er es nicht wahrnahm lässt nur den Schluss zu, dass er nicht nach hinten schaute bevor er die Tür öffnete. Es ist den Beklagten auch nicht gelungen, ein mitwirkendes Verschulden des Herrn W. nachzuweisen. Zwar war es aus Sicht eines sich nähernden Fahrzeugs nicht auszuschließen, dass der Beklagte zu 2) die Türe öffnen würde. Herr W. als Teilnehmer des fließenden Verkehrs durfte jedoch darauf vertrauen, dass sich der Beklagte zu 2) verkehrsgerecht verhalten würde. Er musste nicht damit rechnen, dass der Beklagte zu 2) ohne Beachtung des weiteren Verkehrs und ohne Umschau die Fahrertüre in die Fahrbahn hinein fast vollständig öffnen würde. Mit dem Öffnen einer Türe von einem Meter muss kein Fahrer rechnen. Hinzu kommt, dass der Beklagte zu 2) durch das Parken in zweiter Reihe seinen hiermit verbunden Verstoß gegen § 12 StVO die Gefahrenlage überhaupt erst schuf, die zum Unfall führte. Der Beklagte zu 2) war nicht berechtigt, auf der Fahrbahn zu parken (vgl. hierzu Jagusch/Hentschel Straßenverkehrsrecht, 40. Auflage, § 12 StVO Rn. 40). Es handelte sich auch nicht um ein kurzzeitiges, dringliches Halten, da der Beklagte zu 2) selbst bekundet hat, er habe Pakete auf der anderen Straßenseite ausgeliefert. Auch hat er selbst nicht ausschließen können, dass an der linken Seite freie Parklücken vorhanden waren, die er hätte nutzen können. Hätte er nicht verbotswidrig an dieser Stelle gestanden wäre ein noch weit größerer Abstand für Herrn W. möglich gewesen. Gerade im Hinblick darauf, dass der Beklagte zu 2) durch sein Verhalten eine Engstelle verursachte, hätte er den Sorgfaltspflichten des § 14 StVO eine noch größere Beachtung schenken müssen, als dies zu verlangen war. Unter den gegebenen Umständen konnte dahinstehen, ob es sich für den Fahrer des Klägerfahrzeugs bei dem Unfall um ein unabwendbares Ereignis im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG handelte. Bei der gemäß § 17 Abs. 1 StVG vorzunehmenden Haftungsabwägung musste jedenfalls nach Ansicht des Gerichtes die vom klägerischen Fahrzeug ausgehende Betriebsgefahr angesichts des Verschuldens des Beklagten zu 2) und seine Verstöße gegen §§ 12, 14 StVO vollständig zurücktreten. Die Klägerin hat Anspruch auf Ersatz von 100% des entstandenen Schadens. Auszugehen ist dabei von Reparaturkosten in Höhe von € 2.462,63. Die von den Beklagten genannten Stundenverrechnungssätze hat die Klägerin akzeptiert. Ferner sind Abzüge hinsichtlich der Nebelscheinwerfer und dem linken Türgriff vorzunehmen. Da der Anstoß rechts stattfand, kann der linke Türgriff hierbei nicht beschädigt worden sein. Eine Beschädigung des Nebelscheinwerfers, die bestritten worden ist, ist von Klägerseite auch auf gerichtlichen Hinweis nicht dargelegt oder näher erläutert worden. Anzusetzen sind ferner unstreitige Wertminderung in Höhe von € 150,00, die Sachverständigenkosten von € 581,01 und eine Kostenpauschale, die das Gericht in ständiger Rechtsprechung mit € 25,00 bemisst. Es ergibt sich ein Gesamtschaden von € 3.218,64. Ferner kann die Klägerin Ersatz entsprechender Rechtsanwaltskosten zu einem berechtigten Gegenstandswert von € 3.218,64 verlangen. Hieraus ergibt sich eine 1,3 Gebühr von € 282,10 zzgl. Pauschale und Mehrwertsteuer, insgesamt € 359,50. Der Anspruch auf die zugesprochenen Zinsen ergibt sich aus §§ 288, 291 BGB. Zinsen waren erst ab Zugang der Abtretungserklärung zuzusprechen, da die Klägerin zuvor nicht aktivlegitimiert war.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 S 2, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
Fehler beim Spurwechsel, Anscheinsbeweis
Bei diesem Rechtsstreit geht es um einen Spurwechselfehler des Beklagten.
Das Amtsgericht Köln hat im im schriftlichen Verfahren gem. § 128 ll ZPO am am 11. Mai 2015 entschieden, dass dem Kläger dieses Verfahrens der geltend gemachte Schadenersatz zusteht.
Tatbestand:
AM 13.07.2014 kam es auf der V.-Straße in K. zu einem Verkehrsunfallereignis, an dem der Kläger als Eigentümer und Halter eines vom Beklagten gefahrenen PKW der Marke Mercedes mit dem amtlichen Kennzeichen X und der Beklagte zu 1) als Fahrer eines bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherten PKW der Marke Mercedes mit dem amtlichen Kennzeichen Y beteiligt waren. Bei diesem Unfallereignis wurde der klägerische PKW beschädigt. Der Kläger holte ein Gutachten eines Sachverständigenbüros ein, das den Fahrzeugschaden auf Reparaturkostenbasis mit 1.252,46 € netto bezifferte. An Sachverständigenkosten entstanden dem Kläger 447,74 €, außerdem macht er mit der vorliegenden Klage ein Kostenpauschale in Höhe von 25,00 €, mithin einen Gesamtbetrag in Höhe von 1.725,20 € als Klageantrag zu 1) geltend. Vor dem Unfall befuhr der Fahrer des Klägers mit dem klägerischen PKW die rechte der beiden Richtungsfahrspuren der V.-Straße stadteinwärts, der Beklagte zu 1) befuhr zunächst die linke der beiden Richtungsfahrspuren, etwas versetzt vor dem klägerischem Fahrzeug. Der Beklagte zu 1) wechselte dann auf dann auf die rechte Fahrspur.
Der Kläger behauptet, der Beklagte zu 1) habe den Fahrspurwechsel nach Passieren des B-Weges eingeleitet und dabei das klägerische Fahrzeug übersehen. Deswegen sei es zur Kollision der beiden Fahrzeuge gekommen. Der Kläger ist der Auffassung, der Unfall habe sich in einem unmittelbaren zeitlichen und räumlichem Zusammenhang mit dem Spurenwechsel ereignet. Er berufe sich auf die beigezogene Ermittlungsakte und behauptet, der Beklagte zu 1) habe im Ermittlungsverfahren angegeben, das Kläger-Fahrzeug bei Spurenwechsel nicht gesehen zu haben.
(…)
Die Beklagten behaupten, es sei zwar richtig das der Beklagte zu 1) zunächst die linke Fahrspur befahren und dann auf die rechte Fahrspur hinübergewechselt sei, dieser Fahrspurwechsel sei allerdings schon seit einiger Zeit abgeschlossen worden gewesen, als der Fahrer des Klägers auf das Beklagtenfahrzeug aufgefahren sei. Sie sind der Auffassung, insofern bestehe kein unmittelbarer Zusammenhang mehr mit dem Fahrspurwechsel des Beklagten zu 1). Dies zeige auch das Schadenbild an den beiden Fahrzeugen. Denn das Beklagtenfahrzeug sei mittig am Heck beschädigt worden. Die Beklagten meinen, es spreche hier alles für einen Auffahrunfall.
Die Akte der Staatsanwaltschaft Köln ist gemäß Ankündigung in der gerichtlichen Verfügung vom 18.12.2014 beigezogen worden.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist bzgl. der Hauptforderung begründet, bzgl. der Nebenforderung begründet.
Dem Kläger steht gegen die Beklagten als Gesamtschuldner ein Anspruch auf Schadensersatz in der zuerkannten Höhe gem. §§ 7 l, 18 l u. lll StVG i. V. m. § 115 l Nr. 1 VVG aufgrund der streitsgegenständlichen Verkehrsunfallereignisses in K. zu.
Beim Betrieb des vom Beklagten zu 1) geführt und bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversichertes PKW ist dem Kläger ein Schaden in Gestalt der Beschädigung seines eigenen PKWs entstanden, der nicht auf höhere Gewalt zurückzuführen ist. Die danach gem. §§ 17 l u. ll i. V. m. 18 l u. lll StVG vorzunehmende Haftungsabwägung der von den beteiligten Fahrzeugen ausgehenden Verursachungsbeiträge führt vorliegend zu einer alleinigen Haftung der Beklagten für das Unfallgeschehen, da davon auszugehen ist, dass der Unfall allein auf ein Fehlverhalten der Beklagten zu 1) zurückzuführen ist, das derart schwerwiegend ist, dass dahinter jegliche Mithaftung der Klägers, insbesondere auch die vom klägerischen Fahrzeug ausgehende Betriebsgefahr, vollständig zurücktritt.
Unstreitig wechselte der Beklagte zu 1) von der zunächst von ihm befahrenen linken Fahrspur auf die vom Kläger befahrene rechte Fahrspur, wobei er sich vor das klägerische Fahrzeug setze. Nach dem Sachvortrag des Klägers soll es zu dem Unfall gekommen sein, weil der Beklagte zu 1) beim Einleiten des Spurwechsels das klägerische Fahrzeug übersah. Soweit die Beklagten demgegenüber geltend machen, der Fahrspurwechsel des Beklagten zu 1) sei schon „seit einiger Zeit abgeschlossen“ gewesen, als es zu dem Unfall gekommen sei, ist dieser Einwand unerheblich. Denn der diesbezügliche Sachvortrag der Beklagten bzgl. des angeblichen Fehlens eines örtlichen und räumlichen unmittelbaren Zusammenhangs mit dem Fahrspurwechsel ist unsubstaniert. Selbst wenn man unterstellte, dass es erst zur Kollision der beiden Fahrzeuge gekommen sei, als sich das Beklagtenfahrzeug bereits vollständig auf der rechten Fahrspur befunden hat, bedeutet dies nicht zugleich, dass der Spurenwechsel im Rechtssinne „abgeschlossen“ ist. Denn bei einer Kollision mit dem Nachfolgenden unmittelbar nach dem Fahrstreifenwechsel spricht der Anschein für die Missachtung der Sorgfaltpflicht nach § 7 V StVO (so auch: König in Hetschel/König/Dauer/, Straßenverkehrsrecht, 42 Aufl., § StVO Rn 17). Hier obliegt es dem Fahrstreifenwechsler, im Einzelnen darzutun, dass der soeben vollzogene Fahrstreifenwechsel in keinem räumlichen und zeitlichem Zusammenhang mit dem Unfallereignis steht. Von Seiten der Beklagten wird vorliegend aber nicht konkret vorgetragen, inwiefern dieser örtliche und zeitliche Zusammenhang mit dem durchgeführten Fahrspurwechsel des Beklagten zu 1) bereits abgeschlossen sein sollte. Es wird lediglich behauptet, der Fahrspurwechsel sei „schon seit einiger Zeit“ abgeschlossen gewesen. Dies wäre aber erforderlich gewesen, um den gegen der Beklagten zu 1) sprechenden Anschein für eine Missachtung der Sorgfaltpflicht aus § 7 V StVO zu erschüttern.
Ein solcher Sachvortrag von Seiten der Beklagten wäre umso erforderlicher gewesen, als ausweislich der festgehaltenen Angaben der Beteiligten von Seiten der Polizeibeamten der Beklagten zu 1) geäußert haben soll, beim Wechsel auf die rechte Spur sei es zum Zusammenstoß gekommen, nach Angaben des UB 01 (des Beklagten zu 1) habe dieser den UB 02 (Fahrer des Klägers) nicht gesehen. Auch auf Bl. 2 der Beiakte ist als wörtliche Äußerung der Beklagten zu 1) festgehalten worden: „Ich habe ihn nicht gesehen.“ Eine solche Äußerung spricht aber gerade dafür, dass es noch beim Fahrspurwechsel zu einem Zusammenstoß mit dem Hintermann gekommen ist. Diese Äußerung ergäbe keinen Sinn, wenn es sich bei dem Unfall, wie von Beklagtenseite behauptet, um einen Auffahrunfall gehandelt hätte.
Auch aus dem Schadensbild können entgegen der Auffassung der Beklagten keinerlei Rückschüsse darauf gezogen werden, dass der Fahrspurwechsel im Rechtssinne „abgeschlossen“ gewesen wäre, vielmehr ein Auffahrunfall erfolgt sei. Denn aus den o. g. Gründen ist ein Verstoß gegen § 7 StVO aufgrund noch bestehenden räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs mit dem Fahrspurwechsel auch dann gegeben, wenn das Wechsler-Fahrzeug soeben die anvisierte Fahrspur erreicht hat, sich in diesem Zeitpunkt also bereits vollständig auf der Spur befindet und nunmehr die Kollision erfolgt. Das Schadensbild entspräche dann vollständig dem Schadensbild eines Auffahrunfalls. In beiden Fällen wäre nämlich dann das vorausfahrende Fahrzeug bereits vollständig auf der rechten Fahrspur.
Da nach alldem davon auszugehen ist, dass es entweder – so der Klägervortrag – bereits während des Fahrspurwechsels zu einer Kollision gekommen ist, oder jedenfalls aber in einem unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit diesem Fahrspurwechsel, streitet gegen den Beklagten zu 1) der sog. Anscheinbeweis, d. h. der Anschein einer schuldhaften Verkehrsverletzung, welcher nur durch die Darlegung und das Erbringen des Vollbeweises ausgeräumt werden könnte, dass ein atypischer Geschehensablauf vorgelegt habe und das Schadensereignis auch bei größtmöglicher Sorgfalt nicht hätte vermieden werden können. Es spricht eine Vermutung für ein Verschulden des betreffenden Fahrzeugführers nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises. Denn bei bestimmten, besonders gefährlichen und unfallhäufigen Verkehrsvorgängen besteht eine so hohe Wahrscheinlichkeit für ein Fehlverhalten desjenigen, der diese Fahrweise vornimmt, dass dieser Fahrer nach der Lebenserfahrung als der Schuldige auszusehen ist. Es ist in diesen Fällen gerechtfertigt, eine Beweisvermutung (Anscheinsbeweis) gegen ihn auszusprechen, die er entkräften muss. Ein derartig gefährlicher Tatbestand ist u. a. auch der Fahrspurwechsel i. S. d. § 7 V StVO. In den Anscheinbeweisen kommt bei der nach § 17, 18 StVO gebotenen Abwägung in der Regel nur eine alleinige Haftung dessen in Betracht, gegen den der Anscheinsbeweise spricht.
So ist es auch vorliegend. Insbesondere ist von Seiten der Beklagten kein Mitverschulden auf Seiten des Klägers vorgetragen worden, das geeignet wäre, den gegen den Beklagten zu 1) sprechenden Anschein, den sich auch die Beklagten zu 2) zurechnen lassen muss, mindestens teilweise zu erschüttern.
Im Rahmen § 17, 18 StVG gebotenen Abwägung der wechselseitigen gesetzten Verursachungsbeiträge war nach alledem von einem alleinigen Verschulden des Beklagten zu 1) auszugehen, das derart gravierend ist aufgrund des Verstoßes gegen einen Anscheinbestand (s. o.), dass dahinter auch die die hier allein zu berücksichtigende vom klägerischem Fahrzeug ausgehende Betriebsgefahr vollständig zurücktritt.
Die Beklagten haften für das Unfallereignis zu 100 %.
Der ersatzfähige Schaden der Klägers beläuft sich auf die geltende gemachten 1.725,20 €. Mit der vorliegenden Klage macht der Kläger lediglich noch eine Kostenpauschale in Höhe von 25,00 € geltend, die im Wege richterliche Schätzung unter Heranziehung des § 287 ZPO als angemessen und erforderlich erachtet wird. Die übrigen gemachten Schadenspositionen sind in Höhe nach ebenfalls unstreitig.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 ll Nr. 3, 288 l BGB. Unstreitig hat die Beklagte zu 2) mit Schreiben vom 12.09.2014 eine Schadensregulierung ernsthaft und endgültig verweigert. Zu diesem Zeitpunkt sind die Beklagten daher in Verzug geraten.
(…)
zeitlich und räumlicher Zusammenhang eines Auffahrunfalls nach Fahrspurwechsel; Voraussetzung der Erschütterung des Anscheinsbeweises
Das Amtsgericht Köln hat mit Urteil vom 01. Juni 2015 – Az. 262 C 185/14 – darüber zu entscheiden gehabt, ob nach einem erfolgten Spurwechsel des Beklagten auf die Fahrspur des Klägers ein Auffahrunfall des Kläger- auf das Beklagtenfahrzeuges als in einem zeitlich, örtlichen Zusammenhang mit dem Spurwechsel zu sehen sei.
Soweit das Unfallereignis noch im zeitlich räumlichen Zusammenhang mit dem Spurwechsel steht und keine weiteren Umstände hinzutreten, trifft den die Spur wechselnden nach Auffassung der Entscheidung des Amtsgerichts Köln die Haftung zu 100%.
Auch wenn der Spurwechsler mit seinem Fahrzeug bereits vollständig die Spur gewechselt hat, kann ein dann erfolgter Auffahrunfall noch im zeitlich und räumlichen Zusammenhang mit dem Spurwechsel stehen.
Voraussetzung für die Erschütterung des Anscheinsbeweises (Missachtung der Sorgfaltspflicht nach § 7 StVO) gegen den Spurwechsler sind:
- Vortrag zur Entfernung des Spurwechslers, welche Strecke er mit seinem Fahrzeug auf der Fahrspur nach dem Spurwechsel bereits zurückgelegt hat bis Kollisionsort.
- Vortrag zur Zeit zwischen dem Fahrstreifenwechsel und der Kollision.
Tatbestand:
Am 13.07.2014 kam es zu einem Verkehrsunfallereignis, an dem der Kläger als Eigentümer und Halter eines von Herrn B gefahrenen PKW der Marke Mercedes und der Beklagte als Fahrer eines bei der Beklagten haftpflichtversicherten PKW der Marke Mercedes beteiligt waren. Bei diesem Unfallereignis wurde der klägerische PKW beschädigt. Der Kläger holte ein Gutachten des Sachverständigenbüros P ein, das den Fahrzeugschaden auf Reparaturkostenbasis mit 1.252,46 Euro netto bezifferte. An Sachverständigenkosten entstanden dem Kläger 447,74 Euro, außerdem macht er mit der vorliegenden Klage eine Kostenpauschale in Höhe von 25,00 Euro geltend. Vor dem Unfall befuhr Herr B mit dem klägerischen Pkw die rechte der beiden Richtungsfahrspuren stadteinwärts, der Beklagte befuhr zunächst die linke der beiden Richtungsfahrspuren, etwas versetzt vor dem klägerischen Fahrzeug. Der Beklagte wechselte dann auf die rechte Fahrspur.
Der Kläger behauptet, der Beklagte habe den Fahrspurwechsel nach Passieren des B-Weges eingeleitet und dabei das klägerische Fahrzeug übersehen. Deswegen sei es zur Kollision der beiden Fahrzeuge gekommen. Der Kläger ist der Auffassung, der Unfall habe sich in einem unmittelbaren zeitlich und räumlichen Zusammenhang mit dem Spurenwechsel ereignet. Er beruft sich auf die beigezogene Ermittlungsakte und behauptet, der Beklagte habe im Ermittlungsverfahren angegeben, das Klägerfahrzeug beim Spurenwechsel nicht gesehen zu haben.
Der Kläger beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 1.725,20 Euro nebst 5% Zinsen über Basiszinssatz seit dem 12.09.14 und an seine Rechtsschutzversicherung , die A , 255,85 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.
Die Beklagten behaupten, es sei zwar richtig, dass der Beklagte zunächst die linke Fahrspur befahren und dann auf die rechte Fahrspur hinübergewechselt sei, dieser Fahrspurwechsel sei allerdings schon seit einiger Zeit abgeschlossen gewesen, als Herr B auf das Beklagtenfahrzeug aufgefahren sei. Sie sind der Auffassung, insofern bestehe kein unmittelbarer Zusammenhang mehr mit dem Fahrspurwechsel des Beklagten. Dies zeige auch das Schadensbild an den beiden Fahrzeugen. Denn das Beklagtenfahrzeug sei mittig am Heck beschädigt worden. Die Beklagten meinen, es spreche hier alles für einen typischen Auffahrunfall.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist bzgl. der Hauptforderung begründet, bzgl. der Nebenforderung unbegründet.
Dem Kläger steht gegen die Beklagten als Gesamtschuldner ein Anspruch auf Schadensersatz in der zuerkannten Höhe gem. §§ 7 I, 18 II u. III StVG i.V.m § 115 I Nr:1 VVG des streitgegenständlichen Verkehrsunfallereignisses in Köln zu.
Beim Betrieb des vom Beklagten geführten und bei der Beklagten haftpflichtversicherten PKW ist dem Kläger ein Schaden in Gestalt der Beschädigung seines eigenen PKWs entstanden, der nicht auf höhere Gewalt zurückzuführen ist. Die danach gem. §§ 17 I u. II i.V.m 18 I u. III StVG vorzunehmende Haftungsabwägung der von den beteiligten Fahrzeugen ausgehenden Verursachungsbeiträge führt vorliegend zu einer alleinigen Haftung der Beklagten für das Unfallgeschehen, da davon auszugehen ist, dass derart schwerwiegend ist, dass dahinter jegliche Mithaftung des Klägers , insbesondere auch die vom klägerischen Fahrzeug ausgehende Betriebsgefahr, vollständig zurücktritt.
Unstreitig wechselte der Beklagte von der zunächst von ihm befahrenen linken Fahrspur auf die vom Kläger befahrene rechte Fahrspur , wobei er sich vor das klägerische Fahrzeug setzte. Nach dem Sachvortrag des Klägers soll es zu dem Unfall gekommen sein, weil der Beklagte beim Einleiten des Spurenwechsels das klägerische Fahrzeug übersah. Soweit die Beklagten demgegenüber geltend machen, der Fahrspurwechsel des Beklagten sei schon „seit einiger Zeit abgeschlossen!“ gewesen, als es zu dem Unfall gekommen sei, ist dieser Einwand unerheblich. Denn der diesbezügliche Sachvortrag der Beklagten bzg. des angeblichen Fehlens eines örtlichen und räumlichen unmittelbaren Zusammenhangs mit dem Fahrspurwechsel ist unsubstantiiert. Selbst wenn man unterstellte, dass es erst zur Kollision der beiden Fahrzeuge gekommen sei, als sich das Beklagtenfahrzeug bereits vollständig auf der rechten Fahrspur befunden hat, bedeutet dies nicht zugleich, dass der Spurwechsel im Rechtssinne „abgeschlossen“ ist. Denn bei einer Kollision mit dem Nachfolgenden unmittelbar nach dem Fahrstreifenwechsel spricht der Anschein für Missachtung der Sorgfaltspflicht nach § 7 StVO ( so auch: König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrrecht 42. Aufl., § 7 StVO Rn 17). Hier obliegt es dem Fahrstreifenwechsler, im Einzelnen darzutun, dass der soeben vollzogene Fahrstreifenwechsel in keinem räumlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis steht. Von Seiten der Beklagten wird vorliegend aber nicht konkret vorgetragen, inwiefern dieser örtliche und zeitliche Zusammenhang mit dem durchgeführten Fahrspurwechsel des Beklagten bereits abgeschlossen sein sollte. Es wird lediglich behauptet, der Fahrspurwechsel sei „schon seit einiger Zeit“ abgeschlossen gewesen. Dies ist unzureichend, denn es wird weder dargelegt, welche Entfernung der Beklagte mit dem von ihm geführten Fahrzeug auf der rechten Fahrspur bereits zurückgelegt haben soll, bis es zur Kollision gekommen sei, noch welche Zeit zwischen dem Fahrstreifenwechsel und der Kollision verstrichen sein sollte. Dies wäre aber erforderlich gewesen, um den gegen den Beklagten sprechenden Anschein für eine Missachtung der Sorgfaltspflicht aus § 7 StVO zu erschüttern.
Ein solcher Sachvortrag von Seiten der Beklagten wäre umso erforderlicher gewesen, als ausweislich der festgehalten Angaben der Beteiligten von Seiten der Polizeibeamten der Beklagte geäußert haben soll, beim Wechseln auf die rechte Spur sei es zum Zusammenstoß gekommen, nach Angaben des UB 01 ( des Beklagten) habe dieser den UB 02(Herrn B) nicht gesehen. Auch in der Ermittlungsakte ist als wörtliche Äußerung des Beklagten festgehalten worden:“ Ich habe ihn nicht gesehen:“ Eine solche Äußerung spricht aber gerade dafür, dass es noch beim Fahrspurwechsel zu einem Zusammenstoß mit dem Hintermann gekommen ist. Diese Äußerung ergäbe keinen Sinn, wenn es sich bei dem Unfall, wie von Beklagtenseite behauptet, um einen Auffahrunfall gehandelt hätte.
Auch aus dem Schadensbild können entgegen der Auffassung der Beklagten keinerlei Rückschüsse darauf gezogen werden, dass der Fahrspurwechsel im Rechtssinne ,,abgeschlossen“ gewesen wäre, vielmehr ein Auffahrunfall erfolgt sei. Denn aus den o. g. Gründen ist ein Verstoß gegen § 7 V StVO aufgrund noch bestehenden räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs mit dem Fahrspurwechsel auch dann gegeben, wenn das Wechsler-Fahrzeug soeben die anvisierte Fahrspur erreicht hat, sich in diesem Zeitpunkt also bereits vollständig auf der Spur befindet und nunmehr die Kollision erfolgt. Das Schadensbild entspräche dann vollständig dem Schadensbild eines Auffahrunfalles. In beiden Fällen wäre nämlich dann das vorausfahrende Fahrzeug bereits auf der rechten Fahrspur.
Da nach alledem davon auszugehen ist, dass es entweder – so der Klägervortrag – bereits während des Fahrspurwechsels zu einer Kollision gekommen ist, oder jedenfalls aber in einem unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit diesem Fahrspurwechsel, streitet gegen den Beklagten zu 1) der sog. Anscheinsbeweis, d. h. Anschein einer schuldhaften Verkehrsverletzung, welcher nur durch die Darlegung und das Erbringen des Vollbeweises ausgeräumt werden könnte, dass ein atypischer Geschehensablauf vorgelegen habe und das Schadensereignis auch bei größtmöglicher Sorgfalt nicht hätte vermieden werden können. Es spricht eine Vermutung für ein Verschulden des betreffenden Fahrzeugführers nach den Grundsätzen des Anscheinbeweises. Denn bei bestimmten, besonders gefährlichen und unfallhäufigen Verkehrsvorgängen besteht eine so hohe Wahrscheinlichkeit für ein Fehlverhalten desjenigen, der diese Fahrweise vornimmt, dass dieser Fahrer nach der Lebenserfahrung als der Schuldige anzusehen ist. Es ist in diesen Fällen gerechtfertigt, eine Beweisvermutung /Anscheinsbeweis) gegen ihn auszusprechen, die er entkräften muss. Ein derartiger gefährlicher Tatbestand ist u.a. auch der Fahrspurwechsel i. S. d. § 7 V StVO. In den Anscheinsbeweisfällen kommt bei der nach § 17, 18 StVG gebotenen Abwägung in der Regel nur eine alleinige Haftung dessen in Betracht, gegen den der Anscheinsbeweis spricht.
So ist es auch vorliegend. Insbesondere ist von Seiten der Beklagten kein Mitverschulden auf Seiten des Klägers vorgetragen worden, das geeignet wäre, den gegen den Beklagten sprechenden Anschein, den sich auch die mit verklagte Haftpflichtversicherung zurechnen lassen muss, mindestens teilweise zu erschüttern.
Im Rahmen der gem. §§ 17, 18 StVG gebotenen Abwägung der wechselseitig gesetzten Verursachungsbeiträge war nach alledem von einem alleinigen Verschulden des Beklagten auszugehen, dass derart gravierend ist aufgrund des Verstoßes gegen einen Anscheinstatbestand (s. o.), dass dahinter auch die hier allein zu berücksichtigende vom klägerischen Fahrzeug ausgehende Betriebsgefahr vollständig zurücktritt.
Die Beklagten haften für das Unfallereignis zu 100 %.
Der ersatzfähige Schaden des Klägers beläuft sich auf die geltend gemachten 1.725,20 €. Mit der vorliegenden Klage macht der Kläger lediglich noch eine Kostenpauschale in Höhe von 25,00 € geltend, die im Wege richterlicher Schätzung unter Heranziehung des § 287 ZPO als angemessen und erforderlich erachtet wird. Die übrigen geltend gemachten Schadenpositionen sind der Höhe nach ebenfalls unstreitig.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 II Nr. 3, 288 I BGB. Unstreitig hat die Beklagte zu 2) mit Schreiben vom 12.09.2014 eine Schadensregulierung ernsthaft und endgültig verweigert Zu diesem Zeitpunkt sind die Beklagten daher in Verzug geraten.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 II Nr. 1; 100 IV; 709, 1 u. 2 ZPO.
Auffahrunfall durch Zurückrollen aufgrund Defektes der Kupplung – Beweiswürdigung
In dem Rechtsstreit hat das Amtsgericht Köln auf die mündliche Verhandlung vom 21.09.2015 für Recht erkannt:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 1.347,–Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.02.2015 sowie nebst vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 201,71 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit , d.h seit dem 16.04.2015 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Am 25.11.2014 ereignete sich auf der rechten der beiden Richtungsfahrbahnen der Auffahrt zur Z-Brücke in Köln ein Verkehrsunfall, an dem der Kläger als Eigentümer und Fahrer des PKW der Marke Dacia und die Beklagte als Fahrerin eines bei der Beklagten haftpflichtversicherten PKW der Marke Saab, in dem sich der Zeuge P. als Beifahrer befand, beteiligt waren.
Die unfallbeteiligten Fahrzeuge befanden sich beide auf der rechten Richtungsfahrbahn der Auffahrt zur Z-Brücke , wobei sich das klägerische Fahrzeug hinter dem Beklagtenfahrzeug befand. Zwischen den beiden Fahrzeugen kam es zur Kollision, wobei der genaue Unfallhergang zwischen den Parteien streitig ist.
Infolge der Kollision wurde das klägerische Fahrzeug beschädigt. Der Kläger holte ein Gutachten des Sachverständigenbüros K ein und bezifferte vorprozessual seinen Schaden mit einem Fahrzeugschaden in Höhe von 736,51 Euro, einer eingetretenen Wertminderung in Höhe von 200,– Euro, den Kosten für das Sachverständigengutachten in Höhe von 358,49 Euro sowie – zunächst – eine Kostenpauschale in Höhe von 25,56 Euro, machte mithin vorprozessual einen Gesamtschaden in Höhe von 1.347,56 Euro geltend.
Der Kläger behauptet, aufgrund Feierabendverkehrs und einer Dauerbaustelle hätten sich die Unfallbeteiligten hintereinander im Stau befunden. Der Abstand zwischen den Fahrzeugen habe dabei zunächst 2,50 m betragen. Plötzlich sei der Saab der Beklagtenseite aus dem Stand zurückgerollt. Er, der Kläger habe aufgrund des Staus nicht ausweichen oder seinerseits zurücksetzen können. So sei der Saab rückwärts rollend auf die Front des Klägerfahrzeuges aufgefahren.
Die Beklagte habe nach dem Unfall erklärt sie habe ein Problem mit der Kupplung gehabt. Die Bremsen hätten ebenfalls versagt. Tatsächlich sei der Saab nach dem Unfall nicht mehr fahrbereit gewesen. Der Unfall sei polizeilich aufgenommen worden. Die Polizei habe für den Saab einen Abschleppdienst bestellt, letzteres ist unstreitig.
Außerdem behauptet der Kläger, die Beklagte habe gegenüber dem den Unfall aufnehmenden Polizeibeamten H eingeräumt, dass die Kupplung defekt gewesen und ihr Fahrzeug zurückgerollt sei. Deswegen sei sie auch von dem Zeugen H verwarnt worden.
Bezüglich des geltend gemachten Sachverständigenhonorars legt der Kläger eine Rückabtretungserklärung des Kfz. -Sachverständigen P vom 23.06.2015 als Anlage vor.
Im Rahmen seiner persönlichen Anhörung im Termin vom 21.09.2015 hat der Kläger außerdem vorgetragen, an dem besagten Unfalltag hätten vor der Kollision zunächst alle gestanden, und zwar etwa 1-2 Minuten lang. Er selbst halte grundsätzlich einen relativ großen Abstand zum Vordermann ein, auch an dem Tag habe er gute 2,50 m Abstand zur Beklagten gehalten. Damals habe er vor der Kollision nicht gewusst, dass die Beklagte „am kämpfen“ gewesen sei, sie sei dann zurückgerollt. Dabei habe er zunächst noch das Gefühl gehabt, sie schaffe es, habe dann aber gesehen, dass sie immer wieder zurückrollt sei und letztlich auf ihn „draufgerollt“ sei. Dabei habe ihre Geschwindigkeit am Schluss auch immer mehr zugenommen., wohl weil sie beide am Hang gestanden hätten und die Abtriebskraft auf sie eingewirkt habe. Sie habe damals zu ihm gesagt, die Kupplung habe nicht funktioniert und auch die Bremse sei nicht funktionstauglich gewesen. Deswegen hätten er und die Beklagte wie auch der als Beifahrer im Fahrzeug der Beklagten anwesende Zeuge P. das Fahrzeug nicht von alleine zum Halten bekommen, es habe an die Fahrbahnseite zurückbewegt werden müssen, dies mit Hilfe des später hinzugekommenen Polizeibeamten, des Zeugen H.
Der Zeuge H habe sich das Ganze bei seinem Eintreffen zunächst angeschaut und dann beim Auf- die- Seite- Schaffen des Fahrzeugs wohl gemerkt, was los sei. Er habe dann die Beklagte gefragt, ob sie zugeben möchte, an „der Sache schuld zu sein“ .Daraufhin habe sie dann mit „Ja“ geantwortet. Daraufhin habe der Zeuge P geäußert, er der Kläger, könne froh sein, dass sie das zugegeben habe. Die Beklagte habe zunächst , bevor sie ihr Verhalten zugegeben habe, nur geäußert ,sie habe nicht das Gefühl gehabt, dass das Auto zurückgerollt sei. Sie habe gesagt, sie habe zwar kämpfen müssen aber nicht das Gefühl gehabt. das das Auto zurückgerollt sei.. Sie habe gesagt, sie habe zwar kämpfen müssen, aber nicht das Gefühl gehabt, dass das Fahrzeug tatsächlich zurückrolle.
Die Endstellung der Fahrzeuge sei so gewesen, dass die Fahrzeuge beim Eintreffen der Polizei zusammengestanden hätten. Die Beklagte habe den Kofferraum nicht mehr auf bekommen.
Nachdem der Kläger ursprünglich einen Hauptforderungsbetrag in Höhe von 1.347,56 Euro nebst Zinsen sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zuzüglich Zinsen geltend gemacht hat, hat er mit Schriftsatz vom 03.06.2015 die Klage bezüglich der Hauptforderung, dort hinsichtlich der Kostenpauschale , in Höhe eines Betrages von 0,56 Euro zurückgenommen, macht nunmehr lediglich noch eine Kostenpauschale in Höhe von 25,–Euro geltend und beantragt nunmehr, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 1.347,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.02.2015 sowie nebst vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 201,71 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.
Sie behaupten, die Beklagte sei mit dem von ihr geführten Fahrzeug nicht zurückgerollt. Tatsächlich sei am Beklagtenfahrzeug schon vor der Kollision insoweit, ein defekt eingetreten, als die Kupplung nicht mehr funktioniert habe. Die Beklagte habe deswegen ihr Fahrzeug abgebremst, wobei ohnehin Stop-and-go-Verkehr bzw. Stau zum Unfallzeitpunkt geherrscht habe. Noch bevor die Beklagte vollständig zum Stehen gekommen sei oder jedenfalls praktisch unmittelbar danach, sei es zum Anstoß von hinten durch das Klägerfahrzeug gekommen. Dabei sei es auch nicht etwa so gewesen, dass die Beklagte unerwartet mitten im fließenden Verkehr angehalten hätte, sondern sie hätte ohnehin auch aufgrund der hohen Verkehrdichte anhalten müssen.
Nach dem Unfall sei das Beklagtenfahrzeug nicht mehr fahrbereit gewesen und habe abgeschleppt werden müssen, wobei dies nichts mit dem unfallbedingten Schaden zu tun gehabt habe. Allerdings habe umgekehrt auch der Unfall nichts mit dem Schaden an der Kupplung zu tun gehabt, sondern der Kläger sei auf das Beklagtenfahrzeug aufgefahren, weil er zu unaufmerksam und /oder zu schnell gewesen sei und /oder einen zu geringen Abstand zum Beklagtenfahrzeug eingehalten habe.
Hinsichtlich der Sachverständigenkosten sei einzuwenden, dass der Kläger nicht aktivlegitimiert sei, weil er den ihm vermeintlich zustehenden Anspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten an den Sachverständigen P ausweislich der von Ihnen, den Beklagten ,zur Akte gereichten Anlage B1 abgetreten habe.
Im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung im Termin von 21.09.2015 hat die Beklagte außerdem vorgetragen, der Kläger und sie hätten im Stop-and-go Verkehr gestanden, da sei plötzlich ihre Kupplung hängen geblieben. Als die Fahrzeuge vor ihr losgefahren seien und auch sie habe losfahren wollen, sei nichts mehr gegangen.
Sie habe gestanden und es habe geknallt. Sie habe nur einen leichten Blick gemerkt. Zurückgerollt sei sie nicht. Die Bremsen hätten auch noch funktioniert. Auf Befragen, was passiert sei, hat die Beklagte vorgetragen, sie habe nur gemerkt, dass der Hintermann wohl ans Auto gekommen sein müsse. Auf den Vorhalt Seite 2 der Klageerwiderung der Beklagten hat die Beklagte im Termin von 21.09.2015 vorgetragen, dass sei so nicht richtig, es sei vielmehr so gewesen, wie sie es im Termin dargestellt habe: Sie habe bereits gestanden, habe anfahren wollen und dabei habe die Kupplung nicht funktioniert. Im Zeitpunkt der Kollision sei sie weder nach vorne, noch nach hinten gerollt, sie habe gestanden.
Der Kläger sei dann ausgestiegen, Er habe gemeint, sie sei wohl rückwärts gefahren. Sie habe daraufhin gesagt, sie könne das im Moment nicht genau sagen, sie wisse nur, dass sie sie auf die Bremse getreten habe und die Kupplung nicht funktioniert habe. Sie meine, sie habe bei der Polizei später das Gleiche gesagt. Zugegeben habe sie eine Schuld an dem Unfall nicht, sie habe nur gesagt, dass sie nicht genau sagen könne, wie sie reagiert habe. damit meine sie, was passiert sei.
Das Gericht hat gem. den Beweisbeschlüssen vom 19.06.2015 und vom 21.09.2015 Beweis durch Vernehmung der Zeugen P sowie J. H. erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 21.09.2015 Bezug genommen.
Außerdem sind der Kläger und die Beklagte in diesem Termin informatisch angehört worden.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist vollumfänglich begründet.
Dem Kläger steht gegen die Beklagten als Gesamtschuldner ein Anspruch auf Schadensersatz in der zuerkannten Höhe gem. §§7 I, 18 I u. III StVG i.V.m § 225 I Nr: 1 VVG aufgrund des streitgegenständlichen Verkehrsunfallereignisses zu.
Beim Betrieb des von der Beklagten 2 geführten und bei der Beklagten 1 haftpflichtversicherten PKW ist dem Kläger ein Schaden in Gestalt der Beschädigung seines eigenen PKW entstanden., der nicht auf höhere Gewalt zurückzuführen ist. Die danach gem. §§17 II i.V.m. I i.V-m § 18 I u. III StVG vorzunehmende Haftungsabwägung der von den beteiligten Fahrzeugen ausgehenden Verursachungsbeiträge führt vorliegend zu einer alleinigen Haftung der Beklagten für das Unfallgeschehen, da nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und aufgrund der durchgeführten Anhörungen des Klägers und der Beklagten 2 zur Überzeugung des Gerichts feststeht, dass der Unfall allein auf ein Fehlverhalten der Beklagten zu 2 oder aber einen Defekt am Beklagtenfahrzeug zurückzuführen ist, was allein ursächlich für den Unfall geworden ist mit der Folge, dass dahinter die vom Fahrzeug des Klägers ausgehende Betriebsgefahr vollständig zurücktritt.
Das Gericht sieht es nach Anhörung der Parteien und Vernehmung des Zeugen P als erwiesen an, dass die Beklagte 2 mit dem von ihr geführten PKW unmittelbar vor der Kollision der unfallbeteiligten Fahrzeuge entweder aufgrund eines Defektes an der Kupplung ihres Fahrzeuges oder aber aufgrund eines hierdurch bedingten nicht ausreichenden Fehlverhaltens (rechtzeitiges Bremsen) zurückgerollt ist, wodurch es zur Kollision mit dem klägerischen Fahrzeug und der Beschädigung des letzteren kam.
Das Gericht stützt seine Überzeugung vom Unfallhergang auf die glaubhaften Schilderungen des Klägers. Dieser hat insbesondere im Rahmen seiner persönlichen Anhörung im Termin vom 21.09.2015 plausibel und glaubhaft den Unfallhergang und die näheren Umstände desselben dargestellt. Der Kläger vermochte sich noch an alle relevanten Details unmittelbar vor dem Unfall und auch während der Kollision sowie danach zu erinnern und hat diese nachvollziehbar und glaubhaft dargstellt. Sein Sachvortrag vermittelte dem erkennenden Gericht den Eindruck, dass er Kläger aus der tatsächlichen Erinnerung heraus konkret die tatsächlich wahrgenommenen Umstände wiedergab. Seine Darstellung der Ereignisse erschien dabei frei von Belastungstendenzen. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass der Kläger als Unfallbeteiligter, Eigentümer und Geschädigter eines der unfallbeteiligten Fahrzeuge ein ureigenes Interesse an einem für ihn günstigen Ausgang des Verfahrens hat. Dennoch vermittelten seine Art der Darstellung und sein Auftreten vor Gericht den Eindruck, dass sein Sachvortrag dem tatsächlichen Hergang entsprach. Die von ihm geschilderten Ereignisse selbst wie auch der Ablauf der Vorgänge sind in sich stimmig und ergeben einen nicht nuir möglichen, sondern auch plausiblem Unfallhergang.
Demgegenüber war die Beklagte 2 bezüglich wesentlicher Umstände des Unfallherganges nicht in der Lage, konkrete Angaben zu machen:
So hat sie immer wieder mit Bestimmtheit bekundet, sie sei nicht zurückgerollt, habe auch auf die Bremse getreten. Auf Befragen, was nach dem Unfall zwischen den Beteiligten und gegenüber dem Polizeibeamten, dem Zeugen H geäußert worden sein soll, hat sie indes vorgetragen, der Kläger habe unmittelbar nach dem Unfall ihr gegenüber geäußert, sie sei wohl rückwärts gefahren. Sie habe daraufhin geantwortet, sie könne das im Moment nicht sagen, sie wisse nur, dass sie auf die Bremse getreten habe und die Kupplung nicht funktioniert habe. Sie meine, dasselbe habe sie auch später gegenüber dem den Unfall aufnehmenden Polizeibeamten geäußert. Diese Antwort enthält jedoch bereits eine Unwägbarkeit dahingehend, dass die Beklagte 2 zwar auf die Bremse getreten haben will, aber dennoch nicht sagen kann, ob sie auch zurückgerollt sei. Insofern ist es unter Berücksichtigung dieser Angabe der Beklagten 2 durchaus denkbar, dass die Beklagte 2 entweder nicht rechtzeitig bzw. durchgehend auf die Bremse getreten hat oder aber sie dennoch zurückgerollt ist, etwa weil auch die Bremse nicht funktionstauglich war. Denn eine konkrete Äußerung der Beklagten 2 dazu, dass sie tatsächlich auch nicht zurückgerollt sei, liegt nicht vor. Die Beklagte 2 hat vielmehr ausdrücklich im Termin vom 21.09.2015 angegeben, sie habe unmittelbar nach dem Unfall geäußert, sie „könne im Moment nicht genau sagen“ ob sie rückwärts gerollt sei. Hierin liegt eine vage und ausweichende Antwort, denn wenn die Beklagte 2 tatsächlich auf die Bremse getreten hat und der Wagen auch nicht zurückgerollt wäre, müsse die Beklagte 2 auch hierzu eine definitive Aussage machen können. Auf das Befragen im Termin vom 21.09.2015 hin, ob sie später – wie von Klägerseite behauptet- gegenüber dem Polizeibeamten, dem Zeugen H zugegeben habe, dass sie an dem Unfall schuld sei, hat die Beklagte 2 geantwortet, zugegeben habe sie das nicht, sie habe nur gesagt , dass sie nicht genau sagen könne, wie sie reagiert habe, damit meine sie , was passiert sei. Dies bedeutet, dass die Beklagte 2 auch gegenüber dem Zeugen H geäußert hat, sie könne nicht genau sagen, was passiert sei. Die Beklagte war sich also weder unmittelbar nach dem Unfall gegenüber dem Kläger noch später bei Eintreffen des Polizeibeamten , dem Zeugen H sicher, ob sie zurückgerollt ist oder nicht.
Die Angaben der Beklagten 2 bezüglich der Frage, ob sie tatsächlich zurückgerollt sei oder nicht, sind insofern vage und unbestimmt. Die Beklagte 2 trägt zwar nunmehr im Prozess mit Bestimmtheit vor, sie habe im Zeitpunkt der Kollision gestanden, hat aber gleichzeitig zugegeben, dass sie mit dieser Bestimmtheit unmittelbar nach dem Unfallereignis nicht zu antworten vermocht hat, nach der Kollision gerade nicht gewusst habe, wie sie reagiert habe und was passiert sei. Wenn die Beklagte 2 aber unmittelbar nach der Kollision nicht hat sagen können, ob sie ihr Fahrzeug tatsächlich vor der Kollision zumindest zum Stillstand gebracht hat, erschließt sich aber nicht, woher sie dann später im Termin bzw. während des laufenden Verfahrens diese Gewissheit erlangt haben will. Ein solches Vortragsverhalten ist nicht nachvollziehbar und nicht plausibel.
Demgegenüber hat die Beklagte 2 im Rahmen ihres Sachvortrages bestätigt, dass der Kläger von vorneherein bereits unmittelbar nach der Kollision stets geäußert habe, sie sei rückwärts gerollt. Das Vortragsverhalten des Klägers ist dementsprechend auch nach den Angaben der Beklagten 2 stets konstant geblieben.
Hinzu kommt, dass die Beklagte 2 im Termin vom 21.09.2015 auch hat einräumen müssen, dass der Sachvortrag der Beklagtenseite auf Seite 2 der Klageerwiderung so nicht zutreffend sei: Es sei nicht so gewesen, dass sie nach Bemerken eines Defekts an der Kupplung ihr rollendes Fahrzeug abgebremst habe und es dann zum Auffahrunfall gekommen sei, noch bevor sie vollständig zum Stehen gekommen sei, bzw. praktisch unmittelbar danach. Vielmehr sei es so richtig, wie sie es im Termin vom 21.09.2015 geschildert habe , sie habe bereits gestanden.. habe dann anfahren wollen und dabei habe sie festgestellt, dass die Kupplung nicht funktioniere . Die Beklagte 2 hat insofern den Vortrag aus der Klageerwiderungsschrift, der deutliche Begünstigungstendenzen zugrunden der Beklagten enthielt, richtig gestellt. Damit bestätigt sie zugleich den Klägervortrag, dass zunächst beide Fahrzeuge aufgrund des Stop-and-go-Verkehrs hintereinander gestanden haben, bevor es sodann- aufgrund streitig vorgetragener Umstände- zur Kollision gekommen sei.
Das erkennende Gericht ist dementsprechend auch nicht von der Richtigkeit der Aussage des Zeugen P überzeugt. Dieser hat –in Abweichung zum Sachvortrag des Klägers und der Beklagten 2 im Termin vom 21.09.2015 – bekundet, die Beklagte sei dabei gewesen, anzuhalten oder sei noch ganz langsam vorgerollt, als es zu dem Anstoß durch das Klägerfahrzeug gekommen sei. Die Beklagte 2 habe zuvor noch geäußert, die Kupplung sei kaputt. woraufhin er geantwortet habe: „ Halte an“. Zu diesem Zeitpunkt sei das Fahrzeug noch in Fahrbewegung gewesen. Diese Aussage widerspricht sowohl den Angaben des Klägers als auch den Angaben der Beklagten 2 , wonach das Beklagtenfahrzeug zunächst gestanden haben soll und es sodann, als die Beklagte 2 gerade wieder habe anfahren wollen( nach einem Stand des Fahrzeuges) zu dem streitigen Unfallhergang gekommen sein soll. Die Aussage des Zeugen P lässt sich insofern auch nicht mit dem Sachvortrag der Beklagten 2 in Einklang bringen. Sie stimmt lediglich bezüglich des behaupteten vom Kläger ausgehenden Anstoßes von hinten überein.
Das Aussageverhalten des Zeugen P war aber auch von Widersprüchen geprägt:
So hat der Zeuge P zunächst bekundet, er meine, die Beklagte 2 sei, als sie bemerkt habe, dass die Kupplung kaputt sei, in dem Moment noch gefahren. Dann sei der Anstoß von hinten gekommen. Während sie angehalten habe oder noch ganz langsam vorgerollt sei, sei dann der Anstoß von hinten erfolgt. Im weiteren Verlauf seiner Vernehmung hat er indes auf Befragen bekundet, als er geäußert hab e, die Beklagte 2 solle anhalten , da sei das Fahrzeug noch in Fahrbewegung gewesen. Er sei sich aber noch nicht ganz sicher, ob es dann zum „Rums“ gekommen sei, da immer noch etwas gerollt sei oder schon gestanden habe . Schließlich habe der Zeuge auf Befragen , ob es nicht auch sein könne, dass die Fahrzeuge beide erst gestanden hätten und dann die Beklagte 2 aufgrund der kaputten Kupplung nicht mehr habe losfahren können.
Das gesamte Aussageverhalten des Zeugen P. legt den Verdacht nahe, dass dieser Zeuge gerade keine konkrete Erinnerung an den genauen Unfallablauf mehr hat, insbesondere an das Fahrverhalten der Beklagten zu 2.). so hat er seine Antworten je nach Befragen immer wieder korrigiert und angepasst. Zumindest wies seine Aussage erhebliche Unsicherheiten bezüglich des genauen Unfallherganges auf. Der Umstand, dass er im Rahmen seiner zusammenhängenden Schilderung, noch vor der Befragung, von sich aus bekundet hat, dass Fahrzeug sei gerollt, als die Beklagte zu 2.) geäuert habe, die Kupplung sei kaputt, wirft insbesondere auch die Frage auf, ob dieses Rollen dann nicht gemäß dem Klägervortrag ein Rückwärtsrollen gewesen ist.
Diese Frage drängt sich umso mehr auf, als der Zeuge auch im Hinblick auf die übrigen Abläufe um das Kollisionsgeschehen herum Erinnerungslücken und Unsicherheiten im Rahmen seiner Vernehmung einräumen musste. So hat der Zeuge auf Befragen, was nach der Kollision gesprochen worden sei, zunächst überlegen müssen und sodann ausgesagt, er sei nichts gesprochen worden. Sodann hat er sich wiederum korrigiert und klargestellt, doch, es sei einiges gesprochen worden, er wisse aber nicht mehr, was. Auch dieses Aussageverhalten macht deutlich, dass sich der Zeuge P. entweder an die Abläufe nicht mehr verlässlich erinnert oder aber bewusst auf Erinnerungslücken zurückzieht.
Im Rahmen der Würdigung der Aussage des Zeugen P. war dabei nicht außer acht zu lassen, dass es sich bei dem Zeugen nicht um einen unabhängigen Zeugen handelt, sondern um den Eigentümer und Halter des Beklagtenfahrzeuges und zudem um den Beifahrer dieses Fahrzeuges zum Unfallzeitpunkt. Wie auch der Kläger und die Beklagte zu 2.) steht dementsprechend der Zeuge P. dem Prozess nicht völlig unbeteiligt gegenüber, er hat vielmehr ebenfalls ein ureigenes Interesse am Ausgang dieses Verfahrens.
Die Aussage des Zeugen PK H. ist unergiebig gewesen. Er hat sich insbesondere nicht mehr an die Äußerungen der Beteiligten nach dem Unfallgeschehen zu erinnern vermocht, hat sich insofern allenfalls auf Rückschlüsse zurückgezogen. Die von ihm ausgeteilte Unfallmitteilung (Anlage K1) stellt aber keine verlässliche Grundlage für Rückschlüsse zu, da hier insbesondere die Schäden an dem PKW unzutreffend skizziert worden sind bzw. den genannten Beteiligten bereits nicht zutreffend zugeordnet worden sind, was insgesamt Fragen an der zutreffenden Unfallaufnahme aufwirft. Das Gericht vermag insofern auf die Angaben des Zeugen H. in Verbindung mit der Unfallskizze (Anlage K1) keine verlässlichen Angaben zu stützen.
Aufgrund der obigen Ausführungen ist allein der Sachvortrag des Klägers plausibel, widerspruchsfrei, hinreichend konkret und nachvollziehbar. Die Angaben der Beklagten zu 2.) wie auch die Aussage des Zeugen P. sind unglaubhaft.
Das Gericht folgt nach alledem dem klägerischen Sachvortrag vollumfänglich.
Im Rahmen der gemäß §§ 17 II i.V.m I i.V.m § 18 I u. III StVG vorzunehmenden Abwägung der von den beteiligten Fahrzeugen ausgehenden Verursachungsbeiträge war hier von einer alleinigen Haftung der Beklagtenseite für das Unfallgeschehen auszugehen. Denn das Beklagtenfahrzeug rollte aus dem Stand gegen das dahinter befindliche, stehende Klägerfahrzeug , sei es aufgrund eines Defekts, der dazu führte, dass die Beklagte zu 2.) nicht mehr in der Lage war, das Fahrzeug rechtzeitig zum Stehen zu bringen, sei es aufgrund von Unaufmerksamkeit der Beklagten zu 2.) im Zusammenhang mit diesem Defekt. Dem Kläger verblieb, wie er glaubhaft dargestellt hat, in dieser Situation keine Möglichkeit mehr, unter Berücksichtigung des § 1 II StVO auf das zurückrollende Fahrzeug der Beklagten zu reagieren, insbesondere konnte er aufgrund des Stop-and-go-Verkehrs und dem hinter ihm befindlichen Verkehr bzw. den hinter ihm befindlichen Fahrzeugen nicht zurückrollen und auch für eine Ausweichmöglichkeit ist weder etwas vorgetragen noch sonst ersichtlich, diese wird vielmehr von der Klägerseite glaubhaft verneint. Für einen Defekt am Beklagtenfahrzeug trägt aber nicht der Kläger, sondern allein die Beklagtenseite die Verantwortung, insofern hat sich hier eine vom Beklagtenfahrzeug ausgehende Betriebsgefahr realisiert, die im Verhältnis zu der normalen Betriebsgefahr des intakten Klägerfahrzeuges beträchtlich höher war und allein für die Kollision adäquat kausal ursächlich geworden ist. Angesichts der gegebenen besonderen Umstände tritt die übliche, vom Klägerfahrzeug ausgehende Betriebsgefahr vollständig hinter der erhöhten Betriebsgefahr des defekten Beklagtenfahrzeuges zurück.
Die Beklagten haften als Gesamtschuldner für das Unfallgeschehen zu 100 % gegenüber dem Kläger.
Der ersatzfähige Schaden des Klägers beläuft sich auf den geltend gemachten Betrag in Höhe von 1.347,00 Euro. Dabei ist der Kläger insbesondere auch zur Geltendmachung der Sachverständigenkosten gegenüber den Beklagten als Gesamtschuldnern aktivlegitimiert. Denn er hat insofern eine Rückabtretungserklärung des Sachverständigenbüros vom 23.06.2015 als Anlage K6 zur Akte gereicht.
Der Zinsanspruch beruht auf §§ 286 I, 288 I BGB.
Mit Ablauf der im Schreiben vom 09.02.2015 auf den 18.02.2015 gesetzten Zahlungsfrist sind die Beklagten am 19.02.2015 in Verzug geraten.
Der Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten folgt ebenfalls aus §§ 7 I, 18I StVG i.V.m. § 115 I Nr. 1 VVG.
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